Samstag, 21. Januar 2012

Tarrafal, Sao Nicolau, Kap Verden

Freitag, 20.01.2012




Der Törn von Sal nach Sao Nicolau verlief schnell und problemlos. Wir starteten am Abend um 18.00 Uhr, drehten noch eine Ehrenrunde um die vor dem Hafen auf Reede liegende Alexander von Humboldt und nahmen dann Kurs auf Tarrafal. Der Wind blies konstant aus Nordost mit einer Stärke von 15 bis 20kn.
Um der (moderneren und größeren) Atlas nicht wegzufahren, musste ich die Genua einige Törns reffen und so ging es mit rund sieben Knoten im Parallelflug zur nächsten Insel.
Vor uns, schon eine ganze Zeit auf AIS und Radar zu erkennen, lief die Roald Amundsen und wir holten langsam auf bis wir sie kurz vor dem Morgengrauen in Lee überholten.
Als die Sonne über den Horizont kam, passierte unsere kleine Flotille das letzte Kap.Um unseren Zielhafen zu erreichen mussten wir deutlich anluven, wir nutzen die Gelegenheit für ein gegenseitiges Fotoshooting und bereiteten uns langsam auf den Landfall vor.


Dieser gestaltete sich dann deutlich schwieriger als erwartet, entgegen der Erwartung brachten die Berge der Insel keinen Windschatten sondern immer wieder kräftige Fallböen von bis zu 40kn.
Der Wind riss Gischt von der Oberfläche, es bildeten sich unangenehme kurze Hackwellen und ohne Motorschub blieb die Gioia nur kurz auf Kurs.
Ich drehte einige Runden vor Hafen und Küste bis Tom seine Atlas sicher verankert hatte und suchte mir dann eine passende Lücke. Das Ankermanöver klappte auf Anhieb, gemütlich wurde es dennoch nicht. Kaum war der Haken im Grund, begann ich mir Gedanken über Alternativen zu machen, so heftig fielen die Böen über uns her. Die Gioia schwoite um zumindest 180° und krängte als segelten wir hoch am kräftigen Wind. Kein Gedanke an einen Landgang.
Zum Glück ließ der Wind im Laufe des Tages langsam ein wenig nach und so bleiben wir Sao Nicolau noch ein wenig erhalten. Im Laufe des späten Nachmittags erreichte dann auch die Roald Amundsen Tarrafal und legte nach eingen Warterunden, dem Kapitän war es wohl auch ein wenig zu böig, am Fährpier an.
Am nächsten Tag zeigte sich das Wetter endlich wieder deutlich freundlicher, die Sonne knallte vom strahlend blauen Himmel und den Böen waren zumindest die Spitzen genommen. Also Dinghi aufgepumpt und den Ort erkunden, natürlich führte der erste Gang zur Capitania um uns ordnungsgemäß anzumelden. Tarrafal hat schon deutlich mehr zu bieten als Palmeira auf Sal, es ist fast schon eine Stadt. Hier haben wir dann auch zum ersten mal Kontakt mit einem Transocean-Stützpunkt aufgenommen. Der TO Mann ist ein älterer Niederländer, der hier seit knapp 20 Jahren lebt. Zusammen mit einer Schar junger Kerle und diversen Katzen wohnt er in einer etwas runtergekommenen Strandvilla nur wenige hundert meter vom Hafen entfernt.
Ansich sollen TO Stützpunkte den Mitgliedern Hilfestellungen geben und keine kommerziellen Interessen verfolgen, da verwundert es schon ein wenig, wenn die Antwort auf fast alle Fragen „hier, bei mir“ ist. Duschen? - Hier bei mir!, Wäsche waschen? - Hier bei mir!, Inselrundfahrten? - Hier, bei mir! Gut essen gehen? Ihr ahnt es schon - der beste Koch der Kap Verden koche bei ihm, sogar die besten Häuser des Kontinents erkundigen sich nach seinen Rezepten.
Der Besuch in der Strandvilla war schon ziemlich skuril – dennoch vereinbarten wir einen Termin für ein „fünf Sterne Dinner“ auf der Strandterrasse.
Auch wenn Kriminalität hier angeblich praktisch unbekannt ist, am nächsten Morgen war Tom´s Dinghi samt Elektroaussenborder verschwunden – sehr ärgerlich, zumal die neuen Besitzer mit dem Aussenborder ohne Akku hier absolut nichts anfangen können.
Sowohl Stützpunktleiter als auch Polizei zeigten sich erschüttert aufgrund dieses Frevels, ob ihre Bemühungen aber Früchte tragen wird sich in den kommenden Tagen zeigen.
Zum Glück verfügt die Atlas noch über ein Zweitdinghi, so ist die Crew also weiterhin mobil.
Gestern war dann der Abend des großen Dinners, wiederum eine skurrile und eher enttäuschende Angelegenheit. Wir verstiessen gegen alle Regeln für den Aufenthalt in den Tropen, aßen Salat und sogar ungefrorenes Eis aber noch leben wir...
Wie von der Windvorhersage angekündigt hat der Wind heute wieder zugelegt, erneut fauchen starke Böen über die Ankerbucht und vermasseln uns die Pläne für den heutigen Tag.
Obwohl ich das Dinghi schon mit einer Pütz am Bug beschwert habe, brachte eine Böe es heute dann doch zum kentern. Blitzartig stand ich auf der Badeleiter, vermied nur knapp ein unfreiwilliges Bad und richtete es schnell wieder auf. Zum Glück sprang der Aussenborder sofort an und konnte erstmal trocken laufen, anschliessend habe ich ihn noch ein wenig äußerlich mit Süßwasser gespült und hoffe so Folgeschäden vermieden zu haben. Inzwischen hängt das Dinghi mitschiffs am Genuafall, einen halben Meter über der Wasseroberfläche und ist so hoffentlich vor Wind und Gaunerhand halbwegs geschützt.
Ich weiss noch nicht wie lange ich noch hier auf Sao Nicolau bleibe, die Fallwinde gehen mir doch ein wenig auf die Nerven und ich sehne mich mal wieder nach einem Liegeplatz mit Landverbindung, die nächste Marina in Mindelo ist allerdings alles andere als preisgünstig und so werde ich mir dort kaum mehr als einen Tag gönnen, gerade genug um die Diesel- und Wassertanks zu füllen, die Proviantlast zu ergänzen, einige Ersatzteile zu besorgen und mich auf den nächsten, diesmal richtig großen Schlag vorzubereiten.