Freitag, 30. Dezember 2011

Bilders





















wild wild west - durch die Düse nach Teneriffa

Nachdem wir die letzte Woche ziemlich viel mit der Beschaffung von Ausrüstungsgegenständen (Spibaum und Beschlag, Seekarten, Gastlandflaggen) und dem Einholen von Angeboten für den Einbau eines neuen Antriebs für den Autopiloten um die Ohren hatten, haben wir heute den Sprung von Gran Canaria nach Teneriffa in Angriff genommen. Die knapp 50sm von Puerto Mogan nach Puerto San Miguel waren deshalb ganz spannend, weil es dabei die Starkwindzone zwischen den Inseln zu passieren galt.
Noch in den vergangenen Tagen hörten wir von Windgeschwindigkeiten jenseits der 40 Knoten und ich kann eine gewisse Unruhe deshalb nicht abstreiten.
Am Morgen verliessen wir nach einem kniffligen Ablegemanöver, die Boxengasse war kaum breiter als die Gioia lang ist, Puerto Mogan und fanden uns zunächst in absoluter Flaute wieder. Nach einer guten Stunde frischte der Wind dann innerhalb weniger Minuten von null auf gut 25 Knoten auf und endlich konnten wir segeln - und wie wir gesegelt sind! Mit bis zu 9,5 Knoten preschten wir zügig in Richtung Teneriffa.
Anfangs unter Vollzeug, später dann nur unter Gross, dabei war es stets sonnig und warm, also Segeln bei besten Bedingungen.
Hier in Puerto San Miguel hoffen wir morgen früh ein Paket mit einem zweiten Spinnackerbaum und einer Seekarte der Kap Verden zu bekommen und wollen dann, möglichst noch am Vormittag, weiter nach La Gomera um dort den Jahreswechsel zu begehen.

Seit ich nicht mehr allein an Bord bin, komme ich immer weniger dazu den Blog zu pflegen, ständig habe ich etwas um die Ohren, dass hängt natürlich auch daran, dass der große Sprung über den Teich nun unaufhaltsam näher rückt und alles was wir hier nicht mehr erledigen und beschaffen können warten muss bis wir die zumindest die Karibik erreichen.
Wir freuen uns aber sehr auf die Abfahrt, so schön die Kanaren auch sind, sie sind auch sehr touristisch und zum Teil sehr teuer.
Nach einigen Tagen können einem die dickbäuchigen, blassen, biersaufenden Touristen schon ein wenig nerven.

Abgesehen vom Autopilot sind nun aber praktisch alle Vorbereitungen geschafft und dem Start in der ersten Januarwoche steht nichts mehr im Wege.
Der Autopilot muss noch warten, die hier aufgerufenen Preise kann und will ich mir momentan einfach nicht leisten - vor allem weil er ja im Prinzip funftioniert. Für die Atlantikpassage werde ich den elektrischen Piloten abkoppeln und die Windsteueranlage nutzen.

Abschliessend möchte ich mich nochmal bei allen entschuldigen, die noch auf eine Antwort auf ihre Email warten, wie schon gesagt, die letzten Tage waren ein bisschen stressig aber ich hoffe bald ein bisschen Ruhe für ein paar Emails zu finden.

Viele Grüße aus der Sonne und ggfs. schon jetzt einen guten Rutsch ins neue Jahr.

Samstag, 24. Dezember 2011

Frohe Weihnachten!

Wir können es kaum glauben.
Vor dem Boot blühen hunderte von Blumen, der Himmel könnte nicht blauer sein und selbst in der luftigen Hängematte wird es schnell zu warm.
Meine langen Hosen liegen seit Wochen unangetastet im Schrank aber der Blick in den Kalendar ist eindeutig - Weihnachten steht vor der Tür.
Für mich eine neue Erfahrung, erstmalig verbringe ich die Feiertage fernab statt im Kreise meiner Familie. Vor zwei Jahren bin ich dann doch noch kurzentschlossen von Gibraltar nach Hause geflogen und habe dort für eine kleine Überraschung gesorgt - dieses Jahr wird man (wenn überhaupt) vergeblich warten.
Weihnachtliche Stimmung kommt hier natürlich nur sehr begrenzt auf, ich vermisse sie aber auch nicht. Wir werden heute Abend (wie jeden Tag) etwas besonders Leckeres kochen und vielleicht einen guten kanarischen Wein dazu trinken. That´s it.
Allen daheim gebliebenen wünschen wir von Bord der Gioia aber wunderschöne und besinnliche Festtage, einen dickes, saftiges, totes Tier auf dem Tisch und eine ruhige Zeit zwischen den Jahren.

Donnerstag, 22. Dezember 2011

In der Flaute

Wir haben uns entschieden über die Feiertage in eine kleinere, gemütlichere Marina zu wechseln und uns deshalb auf den Weg nach Porto de Mogan gemacht.
Nachdem ich inzwischen mehrfach die Ostküste abgesegelt habe, wollen wir heute an der wohl deutlich schöneren Westküste entlang und hoffen zwischen den Inseln auch ein bisschen mehr Wind zu finden. Momentan liegen wir nördlich von Gran Canaria und dümpeln mit zwei bis drei Knoten in der Flaute.
Das Wetter ist wunderschön, zeitweilig ist selbst ein Tshirt noch zu warm.

Vor der Abfahrt habe ich leider vom Bootsausrüster noch eine Absage erhalten, die Teile für einen neuen Spibaum werden nicht mehr vor unserer Abfahrt ankommen, d.h. ich muss mich weiterhin nach einem Secondhand Spibaum umschauen.
Denn für die Passatsegelei hätte ich schon gerne zwei komplette Bäume an Bord.
In Mogan treffe ich auch den Mechaniker, der mir hoffentlich den Autopilotenantrieb besorgt und auch installiert. Seit vorhin ist mir das um so wichtiger, denn plötzlich schwamm der Ruderschaft der Aries Windsteueranlage im Kielwasser, zum Glück durch einem Sicherungsbändsel mit der Gioia verbunden. Eine genaue Inspektion dieses Defekts sspare ich mir für die kommenden tage auf, denke aber, dass die Reparatur keine Probleme machen wird.

Ach ja, dies alles kann ich veröffentlichen weil ich mir nun doch einen spanischen UMTS Stick gegönnt habe, die WLan Verbindungen der Marinas haben doch zunehmend genervt und ich bin froh, nun nicht mehr auf öffentliche Netze angewiesen zu sein.

Montag, 19. Dezember 2011

Las Palmas / Gran Canaria

Wie geplant sind wir gestern von Morro Jable auf Fuerteventura nach Las Palmas / Gran Canaria gesegelt. In knapp acht Stunden haben wir die rund 60 Meilen bei ordentlich Wind hinter uns gebracht.
Für Leoa (die Anhalterin) war es wohl ein wenig zu rauh, zumindest hat sie die meiste Zeit in der Koje verbracht.
In Las Palmas angekommen, legten wir die Gioia zunächst an den Receptionssteg um dann feststellen zu müssen, dass die Reception am Sonntag Nachmittag geschlossen hat. So blieb uns zunächst erspart die Gioia an einen anderen Liegeplatz verholen zu müssen.
Kurz vor sieben kam dann Freundin Cathrin vom Flughafen und brachte, quasi als vorzeitige Beschehrung, einen ganzen Sack mit Ersatz- und Zubehörteilen für die Gioia mit. In den kommenden Tagen kann ich jetzt also ordentlich basteln und schrauben, den Solarregler und den Ölfilter wechseln, die Instrumentenbeleuchtung auf Led umstellen und die Backskistenbeleuchtung wieder instand setzen.
Am Abend kam noch ein französischer Wohnkatamaran an den Receptionssteg, auf Überführungstörn in die Karibik. Dank dem Charme meiner Crew fand sich schnell Kontakt und es wurde ein langer, feuchtfröhlicher Abend mit Wein, Rum und Cidre.

Heute morgen gab es zunächst Probleme mit dem Motor, gerade wollten wir die Festmacher losschmeissen um uns zum endgültigen Liegeplatz zu verholen, da ging der Motor einfach aus. Auch ein erneuter Startversuch brachte nur kurzfristig Erfolg.
Wir haben dann schnell die Filter geprüft und nichts Verdächtiges gefunden.
Vermutlich war der Verbrauchstank leer, obwohl die Füllstandsanzeige noch zumindest 20% Diesel versprach. Auch nachdem ich den Tank aus dem Bunker wieder gefüllt hatte, lief der Motor nicht zuverlässig. Im Leerlauf gabs keine Probleme aber kaum legte ich einen Gang ein, streikte der Motor.
Erst nach diversen Startversuchen zeigte der Motor wieder die gewohnte Zuverlässigkeit und wir konnten die Gioia an den neuen Liegeplatz verlegen.
Alleine hätte mich dieses Manöver auf engem Raum wohl ziemlich zum Schwitzen gebracht, mit vier unterstützenden Händen konnten wir die Gioia aber ohne Probleme in die enge Lücke hinein bringen.
Hier in Las Palmas möchte ich noch einige Dinge erledigen, z.B. einen neuen Antrieb für den Autopiloten einbauen, die Fock flicken lassen und das Großfall mit einem neuen Mantel versehen. Außerdem werde ich hier nochmal zum Arzt gehen um mir einige
Impfungen verpassen zu lassen und Rezepte für die Bordapotheke zu besorgen.
Anschliessend gehts südlich um Gran Canaria nach Teneriffa und den kleinen westlichen Inseln, La Gomera, La Palma und El Hierro.

Samstag, 17. Dezember 2011

Fuerteventura in Kurzform


Bis zur letzten Minute haben wir am Mittwoch die gestattete Liegezeit in der Marina Rubicon ausgenutzt und sind dann mit dem Ziel Puerto Calero gestartet. Schnell zeigte sich allerdings, dass Wind und vor allem die Wellen für eine direkte Weiterfahrt nach Fuerteventura sprachen, so führte uns ein frischer Vorwindgang bei recht sonnigem Wetter nach Puerto de Rosario. Schon im Vorwege hatte ich gelesen, dass der dortige Hafen nicht wirklich auf durchreisende Yachten eingerichtet ist. Der einzige Liegeplatz, längsseits an einem Schlepper war uns nur kurzzeitig vergönnt. Nach zwei Stunden erschien ein freundlicher Beamter der Hafenpolizei, mit dem Ergebnis, das wir ins dem Hafen vorgelagerte Ankerfeld verlegen mussten.
Daraus folgte für mich eine recht unruhige Nacht, denn obwohl der Anker uns trotz recht kräftigen Windes exakt auf Position hielt, erzeugte die Kette fürchterliche Geräusche. Vermutlich rutschte sie beim schwoien über einen Felsen.
Zudem bekamen wir in der Nachte neue Nachbarn.
Vielleicht 200m entfernt von uns lag irgend so ein Aida-Kreuzfahrt-Dampfer und direkt dahinter noch eine der großen Kanarenfähren.
Am Donnerstag ging es dann weiter die Küste entlang Richtung Süden.
Nach einigen Stunden auf dem Atlantik, zum frischem achterlichem Wind gabs als kleines Highlight noch meine erste Haisichtung, erreichten wir schon am frühen Nachmittag Gran Trarajal. Der dortige Kommunalhafen ist hervorragend geschützt und bietet moderne Gastliegeplätze zu ausgesprochen günstigen Preisen.
Die Stadt selbst zwar nicht wirklich hübsch aber immerhin keine Urlaubsretorte.
Im riesigen Supermarkt konnten wir die Gemüse- und Obstnetze und auch die Getränkevorräte bestens auffüllen um das hohe kulinarische Niveau der letzten Tage auch weiterhin zu halten.
Am folgenden Mittag machten wir uns dann auf den Weg nach Morro Jable im äußersten Süden Fuerteventuras. Die knappen zwanzig Seemeilen brachten den ersten "karibischen" Segeltag, strahlende Sonne und beste Wind - also Segelfreude pur.
Genau wie in La Graciosa und Gran Tarajal ist der Hafen von Morro Jable in kommunaler Hand und bietet beste Bedingungen zu günstigen Preisen.
Abends hatten wir dann noch Besuch vom netten polnischen Nachbarn.

Morgen noch vor Sonnenaufgang gehen wir dann die 60 Seemeilen nach Las Palmas an.

Mittwoch, 14. Dezember 2011

Kurzer Zwischenstop auf Lanzarote - Marina Rubicon

Auf dem Weg nach Puerto Calero haben wir gestern Abend kurz entschlossen doch die näher gelegene Marina Rubicon angelaufen, bei der Crew machte sich leichte Seekrankheit bemerkbar und da hilft ja nichts schneller ein ein Festmacher am Steg.
Heute Nachmittag gehts dann nochmal zum Kaffeesegeln die Küste hoch zum Zwischenhafen der Minitransat 2005, Puerto Calero. Dort habe ich 2005 meine ersten Minis gesehen und dann richtig Feuer gefangen. Ich weiss noch wie ich an der Mole stand und dachte "hier werde ich auch mal auf dem Seewege ankommen!" Irgendwie schliesst sich also mal wieder ein Kreis.
Der Himmel ist jetzt, nach ein paar etwas bewölkten Tagen wieder strahlend blau und in lee der Insel weht nur ein leichter Wind - Kaffee- und Badesegeln.

Montag, 12. Dezember 2011

auch wenn es schwer fällt - bye bye la Graciosa

In den letzten Wochen waren meine Berichte ja eher spärlich.
Das lag zum einen an einem etwas komplizierten Internetzugang (netbook einpacken und damit auf die Terrasse des Inetcafes, dort mit blinzelnden Augen in einen spiegelnden Bildschirm starren - das ermuntert nicht gerade zum Verfassen von Romanen) und zum anderen hat ich hier einfach andere Dinge um die Ohren.
Essen, Trinken, Schnacken und Backgammon mit anderen Seglern, Wanderungen um die ganze Insel, tolle Schnorchel- / Strandtage in einer wirklich traumhaften Bucht.
Ehrlich gesagt, fürchte ich, dass es eine ganze Weile dauern könnte bis ich wieder einen so kuscheligen Platz wie diesen kleinen Lava- und Sandhaufen querab von Afrika finde. Andererseits bekomme ich langsam wieder Hummeln im Hintern und freue mich auf die nächsten Törnabschnitte und neue Erfahrungen.
Eine neue Erfahrung steht gleich ab morgen an. Ich habe mich entschlossen mal einen Anhalter mitzunehmen, zwar habe ich es mit einem absoluten Segelneuling zu tun aber die Vorhersagen sind optimal und es wird nicht allzu rauh.
Gemeinsam soll es dann erstmal über Lanzarote nach Fuerteventura gehen und von dort zum Ende der Woche nach Las Palmas / Gran Canaria. Dort kommt am Sonntag dann Cathrin als weiteres Crewmitglied an Bord.
Nach einem Besuch der westlichen Inseln des Archipels wird es dann Anfang Januar zu den Kapverdischen Inseln weitergehen.
Bis dahin habe ich aber bestimmt in irgendeinem Hafen mal Internet an Bord und kann ausführlicher und bebildert berichten.

Ach ja, nachdem Krischan wieder zu Hause in der Kälte war, hat der Familienrat eine vernünftige Entscheidung getroffen, der Familientörn ist zunächstmal abgesagt, jetzt wird ein heimisches Nest gebaut und Taina bleibt bis auf weiteres hier.
Ich werde die Festmacher nochmal ergänzen und den kleinen Kat in ein Spinnennetz einbinden damit auch Weststürme nichts beschädigen können.

so long.

Freitag, 2. Dezember 2011

Jungfernfahrt II

Freitag, 02.12.2011


La Graciosa


Nahrungsmittel, Spirituosen jeder Art, Zigaretten, Fisch, Fleisch,
Schrauben, Diesel, Farben, ja sogar Antifouling ist hier günstig und
einfach zu bekommen. Möchte aber ein armer Segler endlich seinen
Aussenborder in Betrieb nehmen und braucht ein paar Tropfen Benzin,
wird's kompliziert und teuer.

Für solch ungewöhliche Fälle (hier im Hafen liegen nur knapp vier
Dutzend Aussenborder) gibt es hier die Einrichtung des Wassertaxis. Ein
Megaschlauchboot mit 400PS bringt Personen oder eben auch Waren
unabhängig von Fährplänen und -vorschriften (der Transport von
Benzinkanistern auf den Fähren ist untersagt) auf das Eiland. Das sich
dadurch der Literpreis knapp verdoppelte spielt bei der gigantischen
Menge von fünf Litern nicht wirklich eine Rolle und tat meiner Freude
keinen Abbruch. Ein paar Mal das Anlasserseil ziehen und der kleine
Jockel sprang nach acht Jahren Winterschlaf auf dem Dachboden eines
Freundes problemlos an und einer Jungfernfahrt zur gegenüberliegenden
Küste Lanzarotes stand nichts mehr im Wege. Abgesehen von den kurzen
Wellen, die sorgten dann dafür, dass ich mich an dem einsamen Strand
erstmal in der Sonne trocknen musste. Leider reicht die Leistung des
Aussenborders nicht um mein Dinghi mit mir in Gleitfahrt zu bringen und
so brechen wir durch die Wellen wie ein Floss -- Spass bringt es trotzdem.

Es war schon ein Erlebnis an dem kleinen, von der Landseite wohl
unzugänglichen Strand zu landen, ein bisschen Robinsonfeeling kommt auf
und gibt ein Vorgeschmack auf die Strände die noch kommen mögen.

Gestern habe ich einem Stegnachbarn (er kommt sogar aus der heimatlichen
Nachbarschaft, Heimathafen Großenbrode, Wohnort bei Quickborn) bei der
Instandsetzung seiner Rollgenuaanlage geholfen und mich von ihm in den
Mast ziehen lassen.

Anschliessend stellte sich heraus, dass er einen seiner zwei Spibäume
nicht mehr braucht.

Jetzt hab ich also wieder einen schönen, goldeloxierten Ausbaumer und
brauch nur noch einen Endbeschlag zu organisieren und der Passatsegelei
steht nix mehr im Weg.

Aber dennoch, falls einer einen kennt, der noch einen schicken 4,50m
Carbonspibaum rumliegen hat, lasst es mich wissen -- ansich hat die
Gioia ja so ein edles Teil verdient.

Morgen will ich, wenn nichts dazwischen kommt, endlich in der
Nachbarbucht schnorcheln gehen, dort soll man gute Chancen haben u.a.
Zackenbarsche und Hexenhaie zu sehen.

Diese kleine Insel gefällt mir so gut, dass ich mir fast schon Sorgen
mache den Absprung nicht zu schaffen, zumal mir der östliche Wind meine
Ziele auf Fuerteventura ein wenig verdirbt.

Die wohl ziemlich nette Ankerbucht bei Morro Jable wird nur bei
westlichen Winden empfohlen und abgesehen von "alten" Bekannten und
einer Verabredung zieht mich herzlich wenig nach Gran Canaria. Erst
anschliessend, auf den westlichen Inseln des Archipels warten wieder
reizvollere Ziele auf die Gioia.

Donnerstag, 1. Dezember 2011

Backgammonpause

Nachdem ich Krischan (den Seehelden) gestern nochmal so richtig beim Backgammon abgezockt habe (selbst die alles entscheidende letzte Partie ums Abwaschen hat er verloren), kam heute morgen die etwas beunruhigende Nachricht. Seiner Freundin Biene schlägt der Stress zuhause wohl langsam auf die Gesundheit und so ist der Papa gefragt.
Kurzentschlossen hat sich Krischan also heute morgen in die Fähre gesetzt und ist jetzt (bzw. sobald er einen Flug bekommt)auf dem Weg nach Hamburg. Für mich bedeutet das zunächst, dass ich mir ein neues Backgammon "Opfer" suchen muss und natürlich auch eine Umstellung der weiteren Pläne. Den Ausflug an die gegenüberliegende Steilküste Lanzarotes muss ich wohl genau wie die Schnorcheltour in die benachbarte Bucht alleeine angehen. Wie lange ich jetzt noch hier bleibe, muss ich sehen. Krischan beruhigt es natürlich, dass ich ein Auge auf Taina habe und ggfs mal die Festmacher nachziehen kann. Schaun mer mal.

Mittwoch, 30. November 2011

Geruhsame Tage im Paradies...



Nachdem ja nun auch die Nachhut eingetroffen ist, verbringen wir hier eine sehr schöne Zeit. Die Tage sind gefüllt mit kleinen Reparaturen, Einkäufen, ausgiebigen Kochen und langen Backgammon Partien. Als Sundowner gibt es meist ein kühles Bier mit einer Schale Oliven in der kleinen Bar direkt am Hafen.
Am Nachmittag ist, man soll sich ja immer den Gepflogenheiten des Gastlandes anpassen, immer Zeit für eine kleine Siesta in der Hängematte.
An die Weiterfahrt habe ich bisher noch nicht gedacht, denke aber, dass es in der kommenden Woche langsam in Richtung Lanzarote und Fuerte weiter geht.
Mitte Dezember möchte ich auf Gran Canaria sein um dann von dot aus zu den westlichen Inselns des Archipels zu starten.

Samstag, 26. November 2011

Krischan ist da!

Direkt nachdem ich gestern den letzten Bericht online gestellt habe, bin ich nochmal runter zur Mole gegangen um den östlichen Horizont nach einem kleinen blauen Katamaran abzusuchen. Außer einer Menge Wasser war nicht viel zu sehen. Als ich dann in Richtung Hafen zurück schlenderte, und einen Blick vor die Hafeneinfahrt warf, da war der Seeheld plötzlich da! Was war ich erleichtert. Wie von der Tarantel gestochen wetzte ich also die Mole entlang um Krischan zum einen zu begrüßen und zum anderen um ihm die Enttäuschung zu ersparen, nach dem komplizierten Einlaufen gegen Wind und Strömung den Hafen mangels freier Plätze wieder verlassen zu müssen. Kurz vor der Einfahrt kam die Taina dann in Rufweite und ich konnte Krischan zum Ankerplatz umleiten.
Mein Dinghi lag an der anderen Seite des Ortes am Strand und so konnte ich auf dem Weg dorthin noch schnell im Supermarkt eine große Buddel kaltes Bier besorgen um Krischan gebührend zu empfangen. Es hatte schon was von Südseefeeling das Dinghi über den Strand ins Wasser zu ziehen, hinein zu springen und freudig zum Ankerplatz des Neuankömmlings zu pullen. Dort wartete natürlich erstmal ein großes Hallo und ein reger Austausch der zurückliegenden Erlebnisse.
Zur Feier des Tages gönnten wir uns abends dann ein auswärtiges Essen und einige Drinks in den örtlichen Bars, dabei konnten wir auch gleich dem Marinero zwei Liegeplätze für den kommenden Tag abhandeln. Kurz vor Mitternacht ruderten wir dann wieder zu unseren Booten zurück.
Heute früh habe ich die Taina dann in den Hafen geschleppt und anschließend hat Krischan mir geholfen auch die Gioia sicher an den Steg zu bekommen.
Für Krischan ist heute erstmal Waschtag angesagt, das Boot und sämtliche Klamotten sind nass und salzig.
Für die 580 Meilen hat er ziemlich exakt fünf Tage benötigt, bedenkt man, dass die Taina weder über einen Motor (was in diesem Fall nicht wirklich so entscheident war) noch über irgendeine Art von Selbststeueranlage verfügt, ist das eine beeindruckende Zeit.
Ein bisschen stolz bin ich schon, bei diesem "Seestück" quasi dabei gewesen zu sein.

Freitag, 25. November 2011

Von Lagos / Algarve nach La Graciosa

Sonntag, 20.11.2011 bis Mittwoch 23.11.2011

Nachdem alle Ersatzteile besorgt, die Proviantlasten aufgefüllt, die Kater auskuriert und sowohl die Gioia und die Taina als auch ihre Eigner vorbereitet waren, ging es am Sonntag dann endlich zum längsten bisherigen Törnabschnitt los. Im Dauerregen verließ die Gioia den Hafen von Lagos und die Taina kam, mangels Motor unter Segeln hinterher.
Draussen erwarteten uns zunächst leichte nördliche Winde und eine Dühnung die jegliche Gedanken an irgendwelche Schleppaktionen im Ansatz zunichte machte.
Bei diesen Leichtwindbedingungen wäre die Gioia unter Vollzeug der Taina schnell weggesegelt, daher rollte ich die Genua weg und liess Krischan damit den Vortritt.
Mit jedem Meter den wir uns von der Küste entfernten nahm der Wind ein wenig zu und damit auch die Geschwindigkeit der beiden so unterschiedlichen Boote.
Erst nachdem ich die Genua wieder gesetzt hatte, konnte ich mit Krischan mithalten und im Parallelflug näherten wir uns dem Verkehrstrennungsgebiet vor Kap San Vicente.
Schon im Vorwege war vereinbart, dass wir dieses Gebiet gemeinsam queren wollten und Krischan an den Errungenschaften der modernen Seefahrt wie Radar, AIS und Seefunk teilhaben konnte.
So konnte ich Krischan auch ein paar Male beruhigen, „ne, keine Sorge, der Frachter geht ne halbe Meile hinter dir durch“ oder „ jou, mit dem Tanker hab ich gerade geschnackt, der hat dich gesehen“ und beide Boote konnten halbwegs entspannt in die erste Nacht hinnein segeln.
Dank Autopilot konnte ich mir schon frühzeitig was zu Essen machen, Krischan band zum Abend ein Reff ein um Ruhe zum Kochen zu haben. Wir fuhren noch ein Stückchen in Rufweite um uns dann eine gute Reise zu wünschen und uns zu verabschieden. Es wäre sinnlos gewesen die ganze Strecke nebeneinander zu fahren, dafür sind die Boote als auch die Ausrüstungen zu unterschiedlich und nicht zuletzt birgt soeine Flotillenfahrt für Einhandsegler auch immer eine Kollisionsgefahr.
Während ich die Gioia unter Autopilot großteils vom Naviplatz aus fahre, sitzt Krischan durchgehend an der Pinne. In meinen Schlafpausen hält die Gioia weiter Kurs und Geschwindigkeit während Radar und AIS Wache gehen.
Krischan kann nur in den Schlafsack wenn er die Segel birgt und die Taina treiben läßt.
So zog ich also unter Vollzeug langsam davon, über Funk hielten wir noch ein wenig Kontakt aber auch der riss im Laufe der Nacht irgendwann ab. Die Reichweite von UKW Funk ist eben begrenzt, besonders wenn eine Station nur über ein Handfunkgerät verfügt.
An Schlaf war in der ersten Nacht für mich nicht wirklich zu denken, die Anspannung verdrängt die nötige Müdigkeit, trotzdem habe ich es immer wieder versucht, mich in die Koje gepackt, den Wecker auf 30 Minuten gestellt und zumindest etwas geruht.
Der Wind nahm, wie angekündigt, beständig zu und erreichte im Laufe der Nacht eine Stärke von sechs Beaufort, in Böen auch darüber, entsprechend hoch waren auch die Wellen.
Es bleibt immer schwer einzuschätzen wie hoch diese Wasserberge nun wirklich sind, wenn man aber im Cockpit der Gioia stehend, im Wellental deutlich nach oben schauen muss um den Sternenhimmel zu sehen, kann man wohl von vier bis fünf Metern zwischen Kamm und tal ausgehen.
Zunächst genoss ich es die Gioia bei diesem schon recht kräftigen, achterlichen Wind unter Vollzeug so richtig laufen zu lassen. Beständig über acht Koten, zeitweise neun und in Spitzen über zehn, rauschendes Kielwasser aber auch immer wieder viel Gischt in der Luft. Der Aufenthalt im Cockpit erfordert dann schon die komplette Seegardrobe, von den Stiefeln bis zum Südwester.
Wiedermal hat mich der Spass an der Rauschefahrt (und sicherlich auch meine Trägheit - „wird bestimmt gleich wieder weniger“) den richtigen Reffzeitpunkt verpassen lassen.
Erst als ich gerade über Funk meinen Kurs mit einem passierenden Frachter abgesprochen hatte und mein Autopilot direkt im Anschluss eine Patenthalse fuhr (die Jungs auf der Brücke müssen auch gedacht haben, was für ein Wafi (Wind assisted fucking Idiot) da unten, erst sagen wir zu unseren Kurs zu ändern und dann fährt der wilde Kreise – mir war es auch schrecklich peinlich und ich habe im Anschluss ein leises Sorry ins Mikro gehaucht) gab es kein wenn und aber mehr, ich musste ran.
Zunächst mal das Schlamassel der Patenthalse beseitigen, Bullenstander fieren und so den Großbaum schifften, die back stehende Genua auf die richtige Seite nehmen und dicht holen.
Dann schnell ans Ruder und die Gioia wieder halbwegs auf Kurs bringen und feststellen, dass der Zeitpunkt für die Halse garnicht so schlecht war und Steuerbordbug auch zielführend ist.
Aber auch auf dem neuen Bug trug die Gioia noch immer zuviel Tuch, also Genua einrollen, Backstag riggen, Kutterfock setzen und ein Reff ins Groß binden.
Da auf der Gioia keinerlei Fallen oder Reffleinen ins Cockpit geführt sind, muss all dies am Mast erledigt werden. Also alle Ölzeugmanschetten dicht gemacht, die Rettungsweste mit dem Lifelines versehen und angelegt, den Notsender eingesteckt, Kapuze auf, die Lifelines eingepickt und auf allen vieren raus aus dem Cockpit. Trotz der beständigen äußeren Wasserkühlung, und absolut dichtem Ölzeug ist man nach einer solchen Aktion klitschnass. Wer behauptet auch, dass Hochseesegeln die reine Erholung wäre?
Kurze Zeit später, der Wind nahm weiter zu, die ganze Aktion nochmal und das Groß ganz geborgen, weiter ging es nur unter Fock.
Trockengelegt, mit einem heissen Tee und einem Buch habe ich die restliche Nacht ohne besondere Vorkommnisse eingekeilt im Salon verbracht.
Der Montag begann mit einem inzwischen leider fast alltäglichen, atemberaubenden Sonnenaufgang. Allein diese Momente entschädigen mehrfach alle Strapazen.
So wunderschön der beginnende Tag auch ist, alleine dadurch werden nicht nennenswert neue Kräfte freigesetzt. Wie bisher immer war der zweite Tag auf See der härteste, ich bin übermüdet, geschafft, noch nicht endgültig an die Schaukelei gewöhnt und verliere die Lust.
Irgendwie ist dieses Tief aber auch notwendig um die Schlafpausen richtig zu nutzen.
Erst wenn man richtig groggy ist, kommt man auch in 30 Minuten in eine erholsameTiefschlafphase und schöpft so neue Kraft. Einige dieser Powernaps (so nennt man die Kurzschlafphasen) brauchte ich auch um mich aufzuraffen um die Fock gegen die Genua zu wechseln, schliesslich wollte ich mich an mein berechneten Kursverlauf halten und dieser sagte eindeutig, dass ich jetzt sieben Knoten und nicht nur fünfeinhalb laufen sollte.
Mit viel Ruhe, vielen Schlafpausen, viel Lesen und sogar einem Videoabend kam ich im Laufe des Montags langsam wieder in einen Normalzustand, der es mir erlauben sollte den Dienstag so richtig zu geniessen.
Auch wenn immer mal wieder Wolkenfelder durchzogen, die manchmal Regen aber immer kräftige Böen mit sich brachten, war das Wetter richtig angenehm. Die Sonne wärmte vom blauen Himmel, so dass ich fast den ganzen Tag ausschliesslich in langer Unterwäsche gesegelt bin.
Da war es dann fast schon wieder schade, dass mein Ziel in nun absehbarer Entfernung lag.
Der Schiffsverkehr beschränkte sich auf ein Minimum und ich konnte die Gioia einfach laufen lassen. Während ich mich bisher eher westlich des Generalkurses gehalten habe, konnte ich ab Dienstag Mittag mit dem langsam nordöstlich drehenden Wind direkten Zielkurs anlegen.
Immer mehr zeigte sich, dass ich mich ranhalten musste wenn ich noch vor der Abenddämmerung am Mittwoch La Graciosa erreichen wollte.
Der Wind blies weiterhin in Stärke sechs und die See war so wie im englischen Wetterbericht beschrieben, „pretty rough“.
Trotzdem machte ich mich noch daran meinen Keilriemen zu spannen, was eine durchaus interessante Tätigkeit ist, wenn jedes Werkzeug einzelnd gesichert werden will und man sich selbst irgendwo einspannen muss um nicht von back- nach steuerbord zu rutschen.
Die Spannung des Keilriemens war nötig, nicht weil ich die Maschine zum Antrieb brauchte – Wind war nun wahrlich genug, sondern weil das Problem mit dem Autopiloten durch die neue Kette leider nicht behoben wurde.
Noch immer verhindert der elektrische Autopilot ein sauberes Arbeiten der Windssteueranlage und so kommt die Bordenergiebilanz durch den dauerhaften Betrieb des Autopiloten aus dem Gleichgewicht und erfordert von Zeit zu Zeit den Einsatz des Motors zum Aufladen der Batterie.
Über kurz oder lang komme ich um den Austausch des Autopilotenantriebs nicht herum, es stellt sich nur noch die Frage ob es wieder ein elektrischer Linearantrieb wird oder ob ich der Gioia einen hydraulischen AP Antrieb gönne. Ob ich den Einbau mit Bordmitteln hinbekomme, bezweifle ich noch, vermutlich wird dafür professionelle Hilfe nötig.
Die letzten hundert Seemeilen waren dann wie eine wahrlich lange Zielgerade bei einem Autorennen, es ist schon erstaunlich wie sich die Dimensionen verschieben, auf der Ostsee sind sechzig Meilen ein ordentlicher Törn, hier beginne ich bei dieser Distanz darüber nach zu denken, wie ich den Anleger fahre, wann ich Fender und Festmacher vorbereite und schmiede Pläne für die ersten Stunden im Hafen. Eine leckere Pizza und ein kaltes Bier in dem kleinen Restaurant links den Strand runter...
Doch ab Mittag lies der Wind nach und direkt vor dem Wind erreichten wir nur noch selten sechs Knoten. Die Nacht beigedreht vor La Graciosa verbringen oder Maschine an und Pizza und Bier?
Diesel war noch genug im Tank und kostet auf den Kanaren auch nur 90 Cents den Liter - die fünfzehn Euro waren mir meine Pizzafantasien wert und so schob in den letzten Stunden zusätzlich zur Genua auch noch der Motor mit.
Wie kalkuliert erreichte ich am Mittwoch kurz vor Sonnenuntergang den Hafen, nicht ganz ohne Stress, die Rollleine der vermaledeiten Rollgenuaanlage hatte sich vertörnt und verhinderte das einfache Einrollen des großen Vorsegels. So musste ich im scheinbar engen Kanal zwischen Lanzarote und La Graciosa ( tatsächlich liegen die Inseln doch zwei Meilen auseinander, die sicher zweihundert Meter hohe Steilküste vermittelt aber einen anderen Eindruck) die Genua klassisch bergen und an die Reling bändseln.
Den Hafen kenne ich ja schon von meiner letzten Reise und so hab ich noch weit vor der Einfahrt genau geplant wo ich wie festmachen könnte, Windrichtung, Gioias Schokoladenseite und Drehkreis aber auch den Blick zur Einfahrt um Krischan (den ich jetzt nur noch den Seehelden nennen werde) gebührend empfangen zu können einkalkuliert.
Am Anfang des Blogs hab ich es schonmal geschrieben, Planung ist der Übergang von Fehleinschätzung zum Irrtum. Auch wenn ich die Pizza fast schon riechen, das Bier fast schon schmecken konnte, der Hafenmeister machte alle meine Planungen zunichte.
Mit Trillerpfeife und schwenkenden Armen machte er mir deutlich, dass der Hafen für heute voll wäre und ich es morgen wieder versuchen könnte. Na super, da hetze ich die Gioia fast 600 Meilen weit und werde zwanzig Meter vor dem ersehnten Steg ausgebremst.
Mir blieb nur weiter nach Lanzarote zu segeln, was nicht in Frage kam, schließlich bin ich hier mit Krischan verabredet oder die direkt neben dem Hafen gelegene Ankerbucht. Auch aufs Ankern war ich nicht wirklich erpicht, ich habe nur wenig Ankererfahrung und hätte die erste Ankernacht des Törns gerne besser vorbereitet. Aber ich hatte keine andere Wahl, wieder raus aus dem Hafen, weg von Pizza und Bier, die Seekarte studiert, den Hauptanker vorbereitet (garnicht so einfach bei einem Hauptschalter und zwei Sicherungen die richtige Kombination zu finden) und eine Lücke zwischen den anderen Ankerliegern gesucht. Auf acht Metern Tiefe hab ich ihn dann fallen lassen, vorsichtig eingefahren und an beiden GPS Geräten den Ankeralarm aktiviert. Aus Unsicherheit habe ich dann erstmal Freund Olli angerufen und mir mein Manöver aus erfahrenem Munde bestätigen lassen. Das war schön, anzukommen und nach fast vier Tagen wortwörtlicher Funkstille über eine Stunde ausgiebig zu schnacken.
Statt Pizza und Bier gab es dann Rinderroulade und ein Gläschen Roten.
Gegen elf Uhr ging es dann, ohne wirklich müde zu sein, in die Koje.
Doch schon zwei Stunden später, es pfiff gerade gehörig in den Wanten und die Flut hatte ihren Höhepunkt erreicht, riss mich der schrille Alarmton des GPS aus den Träumen.
Mit erstaunlicher Gelassenheit verschaffte ich mir einen Überblick und musste feststellen, dass wir tatsächlich auf Drift waren, ging erstmal auf den Pott, zog mir mein Ölzeug über, startete den Motor und ging Ankerauf. Auf der Suche nach einem besseren, flacheren und weniger ufernahen Ankerplatz durchkreuzte ich bei absoluter Dunkelheit im Schneckentempo erfolglos die Bucht, immer wieder unbeleuchteten Nachbarn ausweichend, nur um letztlich wieder zum alten Platz zurück zu kehren (allein für eine solche Aktion ist ein Kartenplotter Gold Wert!).
Diesmal ließ ich die gesamten 50 (oder sinds 60?) Meter Kette raus und gab nochmal kräftig rückwärts Schub, reaktivierte den Alarm und ging wieder in die Koje um die folgenden Stunden ungestört, tief und fest schlafen zu können.
Nach dem Frühstück im Cockpit, trotz frischem Wind reicht hier ein Tshirt locker aus, habe ich ein wenig die Gioia aufgeklart und dabei beobachtet wie drei Yachten den Hafen verliessen.
Die Chance wollte ich nutzen und ging Ankerauf, nur um im Hafen wieder den bekannten, pfeifenden, armeschwenkenden Hafenmeister anzutreffen. Dann eben nicht.
Ich suchte mir einen schönen Platz im Ankerfeld, gleich westlich der Einfahrt auf fünf Metern Tiefe, steckte reichlich Kette und machte es mir an Bord gemütlich.
Natürlich war auch noch das eine oder andere zu tun, z.B. die Genua zusammenlegen und in den Sack bekommen (warum sind solche Verpackungen immer so klein, wie soll ich denn alleine an Bord bei ordentlich Wind das riesige Tuch so klein verpacken, dass es in den Sack passt?)
Irgendwie hat es dann aber doch, zumindest halbwegs, geklappt.
Am Nachmittag habe ich dann noch mein Dinghi aufgeblasen und eine kleine Jungfernfahrt um die Gioia gemacht, allerdings mit Rudern – für den Außenborder fehlt mir das Benzin.
So konnte ich mir dann auch den Anker mal von oben angucken, rund sechs Meter Wassertiefe und klare Sicht zum Grund...
Für einen Landausflug hatte ich noch keine Veranlassung, ich fühl mich auf der Gioia wohl und hab hier alles was ich brauche – abgesehen von einer vernünftigen, bezahlbaren Internetverbindung, dieser Text geht über sündhaft teures Datenroaming online.
Morgen kommt wohl Tagesbesuch aus Fehmarn und vielleicht auch Krischan, denn auf den hab ich heute vergeblich gewartet (was mich aber nicht beunruhigt, er selbst hat eine Woche für den Törn eingeplant).
In den vergangenen Tagen habe ich gute 580 Seemeilen in 79 Stunden gesegelt, das beste Etmal lag bei knapp unter 200 Meilen. Die Maschine lief etwa 15 Stunden, wobei 11 Stunden davon nur dem Laden der Batterien dienten, vier Stunden sorgte der Motor für zusätzlichen Vortrieb.
Von Vollzeug bis segeln nur unter Fock waren alle Kombinationen dabei, die Höchstgeschwindigkeit lag kurzfristig bei elf Knoten (die Welle runter).
Abgesehen von einem angescheuerten Großfall und einem über Bord gegangenen Aschenbecher gab es keine Schäden oder Verluste.
Für Timo: Aufgrund der rauhen Bedingungen habe ich keine Angelversuche gestartet, ich hätte auch nicht gewußt wie ich ggfs den Fang an Bord hätte bringen sollen.
Vielen Dank für die beruhigende Wetter SMS.

Mittwoch, 23. November 2011

Via Inmarsat:

Nach knapp 80h+gut 570sm bin ich gut auf la graciosa angekommen. Der hafen
ist leider voll, ich liege sicher vor anker.

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Sonntag, 20. November 2011

Via Inmarsat:

Es geht in die erste n8,taina laeuft querab,sind beide wohlauf.8kn,eta mi
mittag. Beste bedingungen,boote gleich schnell.

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Samstag, 19. November 2011

Krischans Kater

Begeistert bin ich nicht, will mich aber auch nicht beklagen, schließlich hab ich es schon geahnt, die Party des Jahres war nicht die passende Vorbereitung für einen fünf Tages Törn. Während ich die Gioia vorbereitet, einen großen Topf Schmorgurken gekocht und letzte Wetterberichte eingeholt habe, zog es Krischan gestern auf die (angeblich) netteste Party des Jahres - mit dem Ergebnis, dass sein Bauch heute vom Auslaufen dringend abrät. Um neun saß ich im Cockpit der Taina und guckte in müde Augen.
Ja, Nein, Ja, Nein, Ja um 12.00 Uhr.... also alles vorbereitet und dann kam Krischan... Ergebnis: Wir starten erst morgen, immerhin haben wir dann wenigstens von Beginn an nennenswert Wind und mein Routing verspricht durchweg angenehme Bedingungen und den Landfall für Mittwoch Nachmittag.
Ich geh jetzt erstmal wieder in die Koje.

Donnerstag, 17. November 2011

24h Startverschiebung

Unsere Boote sind soweit vorbereitet, für die Gioia gab es heute nochmal frisches Motoröl und ne furztrockene, blitzblanke Bilge, endlich hab ich auch die Halterung des Außenborders etwas tiefer gesetzt.
Deshalb könnte es ansich losgehen... ansich, denn so wie es ja immer ist, hat Rasmus uns für morgen eine kurzzeitige, schwache Südwindphase beschert.
Nix für Krischans Kat und ich hab keine Lust ihn den ersten Tag zu schleppen.
Daher haben wir unsere Abfahrt auf Samstag verlegt und können dann von Beginn an halbwind- und später raume Kurse fahren.
Freitag Abend steigt hier außerdem die "Party des Jahres" und die nimmt Krischan natürlich gerne mit.

Montag, 14. November 2011

Aussichten

Die Tage hier in Lagos vergehen wie im Flug, jetzt bin ich schon eine Woche hier und hab kaum ein Kapitel in meinem Buch geschafft. Immer gibt´s was zu tun oder es kommt Besuch oder oder oder.
Nachdem sie gestern an der Klappbrücke gescheitert ist (der Hafen war gesperrt), ist heute Morgen die "Sehnsucht", die 15m Yacht aus Rügen, in Richtung Kanaren oder Madeira ausgelaufen. Zum Abschied gab es gestern Abend noch ein paar Drinks und gegenseitige technische Assistenz.
Erstaunlich fix ist heute auch die Kette für meinen Autopiloten gekommen, jetzt muss sie nur noch passen aber das werde ich erst morgen erledigen.
Heute hab ich immerhin schon meine Rollreffanlage repariert. Dafür musste ich vier 8mm Gewinde schneiden und die entsprechenden Schrauben ein ganzes Stück kürzen, nun sollte sie erstmal halten, allerdings werd ich mich noch nach Schrauben mit Linsenkopf umgucken, die sehen einfach schöner aus.
Auch die Planungen für die nächste Etappe gehen voran.
Zunächst sah es so aus, als ob Krischans ganze Familie an Bord kommt und wir gemeinsam, zu sechst, nach La Graciosa segeln. Das Vorhaben ist aber inzwischen verworfen, statt dessen fliegt Bine (Krischans Freundin) erstmal mit den Lütten nach Hause um Momme den stolzen Großeltern zu präsentieren, Krischan und ich segeln derweil unsere Boote auf die Kanaren.
Bis Krischan soweit ist, warte ich hier noch ein paar Tage, am Freitag soll es dann aber losgehen. Die Windvorhersagen sehen hervorragend aus, ein Azorenhoch bringt nördliche Winde und weiterhin Sonnenschein.
Soweit für heute, gibt nicht so viel zu erzählen, hier ist der Hafenalltag eingekehrt.

Freitag, 11. November 2011

Damenbesuch und gutes Essen

Der gestrige Tag verlief ziemlich exakt so, wie ich mir vor der Reise den typischen Reisealltag vorgestellt habe. Den etwas nieseligen, grauen Vormittag habe ich genutzt um am Boot zu basteln und aufzuklaren, kaum hatte ich mich auf den Weg zum Yachtzubehörhändler gemacht, kam die Sonne raus.
Beim Zubehör hatte ich Erfolg, die Kette für den AP ist bestellt und sollte Anfang der Woche eintreffen, ein paar Schrauben für die Rollreffanlage hab ich auch bekommen und auch einen Spibaum könnte ich dort bekommen, allerdings nur als Neuware und für schlappe 500,-. Das wird wohl warten müssen.
Bevor ich dann mit dem Rad zum Einkaufen gefahren bin, hab ich erstmal die Jeans gegen eine dünne Sommerhose und den Sweater gegen ein Tshirt gewechselt.
Auch wenn ich den Wunschsupermarkt nicht finden konnte, Strassennamen gibt´s hier nur auf dem Stadtplan, Schilder sucht man vergeblich, habe ich letztlich die Proviantlast wieder gefüllt bekommen und alles für das Abendessen erstehen können.



Am Nachmittag kam dann Krischan mit seinen beiden Mädels an Bord, toll wie die Beiden sich an Bord zurechtfinden, fast stundenlang mit ein paar losen Enden spielen und absolut problemlos und angenehm um einen zu haben sind. Selten hab ich so ausgeglichene Kinder erlebt. Selbst als Krischan kurz ein paar Einkäufe erledigt hat, blieben die beiden Zwillinge ganz entspannt hier an Bord.
Am Abend kam dann der Wok auf den Herd und mit viel Freude habe ich ein Hühnercurry gekocht, war super lecker und auch für heute ist noch was da.

Mittwoch, 9. November 2011

Spirituelle Reisegeschwindigkeit


Bei einer Flugreise oder einer schnellen Autofahrt redet man ja fast schon sprichwörtlich davon, dass der Körper schneller ankäme als die Seele, man bräuchte erstmal eine gewisse Zeit bis man sich wirklich angekommen fühlt.
Nun könnte man meinen, dass eine Segelreise, inbegriffenen der totalen „Entschleunigung“ doch genau Gegenteiliges bewirken könnte und wenn dann noch alleine gesegelt wird, bei aller Einsamkeit und „Einkehr in sich selbst“, dieser Effekt sich noch weiter verstärken könnte.
Nicht, dass die Seele schon vor dem Körper ankäme (und man deshalb keine Hafenhandbücher mehr bräuchte) aber ein gewisser Gleichtakt wäre doch zu erwarten.

Das scheint alles spiritueller Humburg zu sein.

Nach gut drei Tagen auf See bin ich nun knapp drei Tage hier in Lagos und merke wie ich gerade erst beginne wirklich anzukommen.
Nachdem der Montag mit einem voll besetztem Cockpit und vielen Geschichten schnell zu Ende ging und der gestrige Dienstag mit kleinen Basteleien, dem Aufklaren der Gioia, einem Schnack mit Krischan und Otto und einem kurzem Abendbrot fast unbemerkt dahin floss, komme ich erst jetzt, am Mittwoch Nachmittag langsam hier in Lagos an.
Erst heute ist die Segelordnung an Bord der Gioia langsam wieder der Alltagsordnung gewichen und ich komme wirklich mal vom Steg runter, erkunde die Umgebung, sehe was von der Stadt und mache die nötigsten Einkäufe (u.a. ein Korkenzieher, meine beiden alten müssen, genau wie der Nussknacker irgendwann in die falsche Kiste gewandert zu sein). Auch gedanklich bin noch da draussen.
Erinnere ich mich an die vielen besonderen Momente der vergangenen Tage auf See, an die Wellen, die Wolken, den Mond, die Sonnenauf- und Untergänge aber auch an die ruppigen Momente, angeleint hinterm Ruder eine heftige Schauerböe durchstehen, auf allen Vieren am Bug mit der Rollanlage ringen, und an den gnadenlos vor meinen Bug dampfenden Fischer.
Das waren alles Momente von fast unbeschreibbarer Intensität.
Entgegen aller Erwartung juckt es mich schon wieder, ich will weiter, wieder raus, endlich weg vom Kontinentalschelf, weg von der Küstenfischerei, weg von der, meinen Radarwarner lahmlegenden Radarüberwachung, weg von den Schifffahrtslinien.
Aber ich werde mich zur Geduld zwingen, verkneife mir mehr als einmal am Tag die Windvorhersagen zu studieren und die Kursverläufe nach Madeira und La Graciosa zu berechnen.
Erstmal bleib ich bis Montag hier und dann guck ich mal - es sei denn, da öffnet sich plötzlich ein schönes Wetterfenster...

Montag, 7. November 2011

Wie im Passat - der portugiesische Norder

Von La Coruna nach Lagos / Algarve, ca. 480 Seemeilen
04.11.2011 bis 07.11.2011

Irgendwie bin ich vor längeren Etappen wohl doch etwas aufgeregt. Wie sonst ist es zu erklären, dass ich in der Nacht vor dem Start gen Süden trotz dem Genuss zweier Gläser Vino Tinto nur mit einiger Verspätung einschlafen konnte. Lange habe ich noch gelesen, mich hin und her gewälzt und bin dann doch nochmal wieder aufgestanden.
Gegen zwei oder halb drei hat es dann mit dem Einschlafen endlich geklappt aber unerbittlich klingelte um acht dann schon der Wecker.
Bevor ich mit meinem schwimmenden Appartement auf Törn gehen kann stehen immer so einige Dinge an. Kleines Frühstück, Wassertanks auffüllen, Fahrrad verstauen, im Marinabüro abrechnen, ein letztes Mal duschen, die Gioia aus dem Gewirr von einem knappen Dutzend Festmachern befreien und so antüdeln, dass ich ohne fremde Hilfe gut aus der Box komme, Groß- und Genuapersenning abnehmen, Fock anschlagen, nochmal die aktuellsten Wetterberichte runterladen, das große Notebook wegstauen und das kleine Navigations-Netbook auf dem Kartentisch hochfahren, das Pendelruder der Windsteueranlage runterklappen, das Landstromkabel an Bord nehmen, die Topfhalter auf dem Gasherd anschrauben, beim Nachbarn verabschieden...
...und dann kann es so langsam los gehen.
Um 11.15 Uhr habe ich ein wunschgemäßes Ablegemanöver gefahren und die Marina verlassen, noch im Vorhafen schnell das Groß gesetzt und kurz hinter der Mole dann auch die Genua ausgerollt.
Wir waren offensichtlich nicht die einzigen, die auf dieses Wetterfenster gewartet haben. Wie auf einer Perlenschnur aufgereit verließen die Yachten La Coruna.
Darunter auch die „Sehnsucht“, eine 15m Slup von der Insel Rügen mit Ihrem Eigner Victor.
Mit ihm hatte ich am Vortag bei einem Bier noch einen kleinen Schnack, ganz überraschend hat er kurzfristig Crew an Bord bekommen – Otto. Otto hatte als Smutje auf dem Projektschiff „Highseas-Highschool“ angeheuert sich aber dann mit den Lehrkräften in die Wolle bekommen, so hat er kurzerhand seine Sachen gepackt und fährt nun mit Victor nach Teneriffa.
Mit den beiden hatte ich auch während der Fahrt nach Lagos immer mal wieder Funkkontakt.

Wie nicht anders erwartet und angekündigt, stand der Wind zunächst schlecht, ohne Motor wäre das Stück bis zum ersten Kap eine langwierige Schwachwindkreuz gegen eine wirklich hohe Welle geworden. So hat mein Keilriemenkiller mal wieder seine Qualitäten beweisen dürfen und uns zügig in die richtige Startposition gebracht. Trotz des Diesellärms schwamm einige Minuten ein halbwüchsiger Mondfisch neben uns her.
Es folgte ein 30 Meilen Amwindkurs fast bis zum Ende der Welt – Kap Finisterre.
Es ist schon eigenartig, offensichtlich beansprucht jede der alten Seefahrtsnationen das Ende der Welt für sich, die Briten mit Lands End, die Franzosen haben die Region (in der Bretagne) Finisterre, die Spanier das gerade gerundete Kap und ich meine die Portugiesen haben auch eine entsprechende Bezeichnung für das Kap Sagres. Das haben w ir Deutschen mal wieder davon, dass wir damals als es galt die Welt zu entdecken, uns eher mit zentraleuröpäischer Kleinstaaterei beschäftigten. Andere haben das Ende der Welt und wir eine Menge Orte die man bestenfalls als Arsch der Welt bezeichnen könnte.
Schon vor dem Kap begann der, zunächst eher schwache Wind zuzulegen und dreht auch langsam in den nördlichen Sektor.
Die Rauschefahrt wurde schneller und schneller und gipfelte in einem 10 Knoten Ritt unter Schmetterling mit vollem Groß und Genua. Als die Gioia nun begann sich fast so zu benehmen wie früher die TurTur, war mir das ein Zeichen die Segelfäche zu verkleinern.
In die Nacht ging es dann nur noch unter der Genua was auch vollkommen reichte, denn inzwischen blies der Wind mit gut und gerne 25 Knoten, die wirklich riesigen Wellen waren von Gischt gekrönt und ich war nur froh, dass das alles genau von achtern kam. So war es dann eine bequeme Nacht, auch wenn sie zum Teil extrem nass war. Wie die ganze Etappe ein Vorgeschmack auf die Passatzone war, kräftiger Rückenwind und immer wieder Squalls mit eimerweise Regen und knackigen Böen.
Erst am Samstag Vormittag klarte es deutlich auf und die Schauer blieben aus, der Wind pustete allerdings in gewohnter Stärke und brachte uns mit 6-8 Knoten in Richtung Süden.
Und man merkt auch, dass wir mittlerweile schon ein paar meilen in Richtung Äquator gut gemacht haben, wäre es nicht so windig, hätte man fast schon über kurze Hosen nachdenken können.
Auch ohne Shorts habe ich die Sonne genossen, im Cockpit gelesen und geschlafen, den Wellen zugeschaut und das Leben genossen.
Gegen Mittag habe ich mich dann endlich aufgerafft und wollte die Genua mit dem Spibaum ausbaumen um zusätzlich noch die Stagfock setzen zu können.
Dabei musste ich leider feststellen, das mir ein paar Bolzen aus der Genua-Rollreffanlage geflogen sind und nun die Trommel frei auf dem Profil dreht.
Erste Reparaturversuche scheiterten und wurden dann auch aufgegeben, schließlich soll der Wind ja bis Montag Abend so durchstehen und dann sind wir hoffentlich in Lagos und können dort weitersehen.
Da ein Unglück ja selten alleine kommt, gab es zur lahm gelegten Rollreffanlage gleich noch eins obendrauf. Offensichtlich habe ich als ich den Spibaum wieder in seine Halterung plaziert habe einen Fehler begangen, ich verstehe es zwar nicht so ganz, denn ich habe extra nochmal dran gerüttelt, aber als ich wenig später eine Halse gefahren bin (bisher hatte ich die Genua dafür immer kurz weggerollt, schon wegen des Kutterstages) hat mir irgendwie die flatternde Genua den Spibaum aus seiner Halterung gerissen und dem Ozean übergeben.
Da stand ich nun im Cockpit und sah den schönen, wenn auch recht schweren Spibaum an mir vorüber treiben, kurz hab ich noch überlegt ein Spibaum über Bord Mannöver zu fahren aber gute 25 Knoten Wind und eine satte fünf Meter Welle von achtern hätten einen solchen Versuch wohl schon im Ansatz zum scheitern verurteilt, war ich doch nun auch nicht mehr in der Lage die Genua schnell weg zu rollen. Vermutlich hätte ich der Gioia bei einer Rettungsaktion nur den Rumpf zerkratzt. Schade drum, ärgerlich, vierzig Jahre hat es keiner geschafft den Baum über Bord zu geben und dann kam ich... Naja, ielleicht finde ich ja irgendwo einen schönen leichten Carbonbaum als Ersatz.
So wird mein Aufenthalt in Lagos wohl mal wieder von Hausmeistertätigkeiten geprägt sein, Rollreffanlage reparieren, Spibaum organisieren (vielleicht in Portimao), weiterhin die Ursache für Störung der nun immer weniger benötigten Heizung suchen und dann habe ich mir noch vorgenommen die Kette zwischen dem Antrieb des Autopiloten und der Ruderanlage zu tauschen, trotz vieler Bemühungen sind einige der Kettenglieder nachwievor sehr schwergängig und das könnte für zweierlei ein Grund sein, zum einen für den recht hohen Stromverbrauch des elektrischen Piloten und zum anderen auch für die unbefriedigende Funktion der Aries Windsteueranlage.
Im Verlauf des Samstages wurde es immer freundlicher und wärmer, der Wind ließ ein klein wenig nach, wehte aber weiterhin beständig aus Nord.
So blieb es auch bis kurz vor dem Cabo de Sao Vicente sommerlich mit frischem Nordwind, die Nächte sternenklar und vom (fast) Vollmond beleuchtet.
Am Sonntag Nachmittag passierten wir die Mündung des Rio Tejo und in der frühen Abenddämmerung zeigte sich der Lichtschein Lissabons am östlichen Himmel.
Im Verlauf der Nacht zum Montag wurde der Wind immer schwächer und begann wieder ganz leicht nach West zu drehen und kündigte so das vorläufige Ende dieser Phase des stetigen Nordwinds an. Gut dass wir diese Phase komplett nutzen konnten und nun schon kurz vor dem Ziel stehen.
Zwischen Lissabon schon Sagres kreuzte kein anderes Schiff unseren Kurs, weder Berufsschifffahrt noch Fischer, das AIS hat nicht einmal seinen Warnton hören lassen und so konnte ich immer wieder kurze (und auch eine längere) Schlafpausen einlegen, ein Video gucken und eine Menge schreiben.
Beim wunderschönen Sonnenaufgang am Montag standen wir dann auch kurz vor dem Cabo de Sao Vicente.

Die letzten Meilen zogen sich recht lange hin, der Wind war inzwischen auf 2-3 Bft zurück gegangen und kam, wie in den letzten 60 Stunden, genau von achtern. Letztendlich half dann doch auch wieder der Diesel das Kap zu erreichen.
Hinterm Kap frischte es wieder auf, so dass ich unter Vollzeug bis zur Hafenmole fahren konnte.
Im Hafen wartete Krischan bereits mit seinen zwei Wonneproppen und kurze Zeit später kam auch Freundin Bine mit dem zehn Tage alten Momme mit dazu, so war ich tatsächlich Mommes erster Besucher aus Deutschland, zum Glück hatte ich in La Coruna schon eine kleine Spieluhr besorgt...

Und der Besuch an Bord wurde noch mehr, die Segler Victor und Otto von der „Sehnsucht“ kamen auch vorbei, so tranken wir das eine oder andere Bier, sponnen ein wenig Seemannsgarn und am Ende wurde sogar noch zusammen gekocht.
Irgendwann machten sich aber doch die vergangenen drei Tage bemerkbar und nun zieht es mich massiv in die Koje. Gute Nacht.

Samstag, 5. November 2011

Via Inmarsat:

So 6.30uhr.50meilen bis lissabon,180bis lagos. An bord alles bestens.gioia
rennt. Eta montag nachmittag

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Donnerstag, 3. November 2011

Fazit La Coruna

Schön war´s.
Sehr schön sogar, tolle Stadt, tolle Tapasbars, tolle Menschen. Was will man mehr?
Und wenn mir nicht der Herbst auf den Fersen wäre, dann hätte ich bestimmt noch die eine oder andere Woche dran gehängt.
Der heutige Dauerregen erleichtert mir den Abschied aber ungemein, immerhin gilt von nun an Kurs Süd, Kurs Sonne, Kurs Wärme.
Falls alles gut läuft, hoffe ich den Nordwind der nächsten Tage nutzen zu können um die gut 400 Meilen bis an die Algarve in einem Rutsch hinter mich zu bringen. Falls jedoch Großschifffahrt, Fischer oder auch das Wetter einen vernünftigen Schlafrhythmus verhindern habe ich jederzeit an Backbord einen Hafen zum ausruhen.

Vielleicht sehe ich im Nachhinnein La Coruna als den eigentlichen Start meiner Reise, hier kam ich nach meiner ersten Einhand-Langstrecke auf der Gioia an, hier hab ich erstmals interessante Leute und andere Einhand bzw. Langstreckensegler getroffen und kennen gelernt und hier habe ich auch endgültig begonnen mich auf Gioia heimisch zu fühlen.
Es bleiben eine Menge guter Erinnerungen.

Heute war ich dann nochmal mit Christian, dem französischen Profiskipper unterwegs, zunächst durfte ich seinen luxuriösen 70 Fuss Arbeitsplatz bestaunen und dann sind wir gemeinsam noch ein paar Tapas essen gegangen und haben eine Menge erzählt.
Ich bin gespannt ob und wo ich ihn wieder treffe. Madeira? Kap Verden? St. Martin?

Morgen Früh werd ich also die Gioia aufklaren, nochmal Wasser bunkern und dann zunächst Kurs SW in Richtung Kap Finisterre, dem Ende der Welt.
Nach dessen Rundung gegen Nachmittag, sollte dann auch der Nordwind einsetzen und uns immer entlang der iberischen Westküste gen Süden pusten.
Mal gucken wie weit ich komme.

Die See

Wenn in ihren Atemzügen
sich die Dünung senkt und hebt,
und die Winde sie durchpflügen,
dann verspürst du, dass sie lebt.

Wenn die Stürme Shanties geigen,
Rasmus ausgelassen tollt,
und die Wellen Zähne zeigen,
dann verspürst du, dass sie grollt.

Wenn sie wilde Böen hetzen,
leewärts jagend und die Kimm
taumelt unter Wolkenfetzen,
dann verspürst du ihren Grimm.

Bist du einst an Land gegangen
auf der Suche nach dem Glück,
zieht ein heimliches Verlangen
dich doch stets zu ihr zurück.

(Bern Hardy)

Dank an DZ für diese schönen, treffenden Zeilen.

Mittwoch, 2. November 2011

Hausmeister´s Alltag

02.11.2011
La Coruna

Nachdem ich nun schon zweimal vergeblich schwer bepackt in die Stadt geradelt war um mir neue Gasflaschen zu besorgen, hat es heute endlich geklappt. Was bin ich froh, dass ich das Fahrrad in Cuxhaven nicht von Bord gegeben habe, es erleichtert die alltäglichen Wege doch ungemein und spart eine Menge Zeit.
Sei es nun der Weg zum Eisenwarenhöker um die Gasflaschen zu tauschen, beim Abklappern diverser Bootszubehörhändler auf der Suche nach Kabeln und Quetschverbindern oder auch nur am Abend schnell zur Tapasbar in die Stadt. Schon jetzt möchte ich mein Radl nicht mehr missen.
Weil gestern hier Feiertag war und ich dementsprechend kein Erfolg beim Gaskauf hatte, ging es eben wieder in die Tapasbars der Stadt. Dank einheimischer Beratung konnte ich so auch ganz neue lukullische Erfahrungen Sammeln.
Glasaal (natürlich kein echter) auf Brot, Algenkroketten und diverse andere Meeresfrüchte hätte ich krüscher Bengel ansonsten wohl nicht so schnell angerührt.
Heute habe ich mich dann zunächst mal wieder meiner to-do-Liste gewidmet.
Seit der Biskaya will meine Heizung nicht mehr so recht und auch wenn ich sie hier nicht wirklich brauche, ließ es mir doch keine Ruhe. Zumal auch meine Spannungsüberwachung für den Rumpf einige Male ausgelößt hat und die soll die Gioia schließlich vor der gefürchteten Elektrokorrosion bewahren. Dummerweise (wie bei so vielen Dingen) springt dort eine LED von grün auf rot, mit meiner Farbschwäche leider keine so eindeutige Warnung.
Schon gestern hatte ich entdeckt, dass ein zur Heizung führendes Kabel leicht angeschmurgelt zu sein schien, mit allerlei Verrenkungen habe ich es schließlich freigelegt und so entdeckt, dass tatsächlich die Isolierung abgescheuert war und die blanken Litzen Kontakt zum Aluspant hatten. Schnell hatte ich das Kabel gekappt und rausgezogen. Rausziehen ist aber leider viel leichter als ein neues wieder einzufädeln. Funke ausbauen, Laderegler abschrauben aber leider kam ich noch immer nicht mit dem Kabel bzw Draht dort hin wo ich es eigentlich haben wollte.
Nachdem ich ordentlich geflucht und mich selbst des Fusches bezichtigt hatte, hab ich es für heute zunächst aufgegeben und das Kabel provisorisch außen rum verlegt um zu gucken ob es auch die Ursache für den Heizungsdefekt war - war es leider nicht. So hab ich also einen dreiviertel Tag geschraubt und geflucht und fast nix erreicht. Immerhin hab ich anschließend Erfolg beim Gashöker gehabt.
Ansonsten hat es letzte Nacht hier ganz gehörig geblasen, so dass ich gegen fünf Uhr früh doch lieber nochmal alle Festmacher überprüft und ergänzt habe.
Zum Weiterschlafen bin ich dann vom Vorschiff in die Lotsenkoje gezogen um etwas Abstand zwischen mir und den knarschenden Festmachern zu schaffen.
Morgen ziehen wohl die letzten Reste der Sturmfront durch und am Freitag könnte es dann für mich weiter gehen in Richtung Süden.

Dienstag, 1. November 2011

La gioia pura a La Coruna

01.11.2011
La Coruna

Es ist immer schön und hilfreich Kontakt zu den Einheimischen zu bekommen, das fällt mir leider, zum einen aufgrund der Sprachschwierigkeiten und zum anderen ist es wohl auch eine Mentalitätsfrage, nicht immer ganz leicht. Nachdem ich die ersten Tage hier in Spanien so ein bisschen vor mich hin gelebt und gewurschtelt habe, ging es gestern richtig los. Am Nachmittag war ich mit Mercedes, einer Seglerin hier aus La Coruna mit der ich schon seit geraumer Zeit via Internet lose in Kontakt stand, im großen Supermarkt einkaufen. Die Marina liegt für sowas doch etwas ungünstig und per pedes oder mit dem Rad wären da schon einige längere Touren notwendig gewesen um meine Proviantlast wieder aufzufüllen.
Anschliesend schauten wir noch bei Christian vorbei, einem französischem Profiskipper der hier auf einer 60 Fuss Yacht auf den niederländischen Eigner wartet.
Gemeinsam ging es dann zunächst zur Gioia, Einkäufe abliefern. Bei einem Wein blieb es natürlich nicht und so wurde es fast 23.00 Uhr bevor es in die Stadt zum Tapas-Essen los ging. In Hamburg wäre die späte Stunde wohl ein Problem geworden, hier hingegen wird man eher komisch angeguckt wenn man irgendwo schon um 19.00 Uhr zum Essen erscheint.
Erst ab 22.00 Uhr füllen sich so langsam die Restaurants.
Dank der einheimischen Führung fand sich schnell ein nettes Restaurant und wir liessen uns von den Tapas begeistern, meine Güte, war das lecker.
Nachdem sich hohe Tellersstapel auf dem Tisch bildeten und auch die Gläser mehrfach geleert waren, gab es in einer anderen Bar noch ein Eis und dann neigte sich der Abend langsam dem Ende entgegen. Zum Abschluss gab es noch eine kleine Sightseeingtour zum Herkulesturm, den schon die Römer im ersten Jahrhundert erbauten. So kam ich erst gegen 02.00 Uhr in die Koje. Macht ja nix, heute Früh standen ja keine Termine an und ich ließ mich erst von der Sonne und den ruckenden Festmachern wecken.
Bin gespannt wie sich der Schwell hier im Hafen entwickelt wenn über Nacht der lange angekündigte Sturm aufzieht, sicherheitshalber werde ich die Leinen alle noch doppelt legen und auch zur anderen Seite ein kleines Spinnennetz weben.
Heute Abend habe ich dann zum Essen an Bord der Gioia geladen und ich werde endlich mal wieder richtig kochen.
Doch vorher muss ich noch mit dem Rad in die Stadt und die beiden Gasflaschen tauschen, ohne Gas ist schließlich schlecht kochen.

Kafka

Man lernt das Matrosenleben
nicht durch Übungen in einer Pfütze

Franz Kafka

Sonntag, 30. Oktober 2011

Biskaya

Camaret-sur-Mer nach La Coruna
27.10.2011 bis 29.10.2011
Ein bisschen mulmig war mir ja schon zumute als es am Donnerstag um halb neun dann tatsächlich los ging. Vor mir lag die Biskaya, jene verrufene Atlantikbucht zwischen Frankreich und Spanien bei deren bloßen Namensnennung dem durchschnittlichen Ostseesegler schon die Ohren schlackern, mich selber will ich da garnicht ausnehmen. Ich hatte zwar, bei meiner Teilnahme an der Mini-Fastnet-Regatta 2006 schon einmal das Vergnügen hier zu segeln, allerdings war das im Juni und jetzt haben wir Oktober, Ende Oktober. Da drohen die fürchterlichsten Herbststürme, haushohe, chaotisch brechende Wellen und überhaupt der tagtägliche Weltuntergang.
Bei mir ging es aber erstmal ganz sutsche los, um sechs aufgestanden, erstmal meinen Kakao schlürfen, die aktuellen Wetterinformationen checken, mich selbst und die Gioia vorbereiten. Während dessen verliessen schon zwei belgische Boote den Hafen, allerdings in die andere Richtung nach le Havre zum Start der Transat Jaques Vabre.
Ich selbst liess mir Zeit, Tide hin oder her, bis die Sonne aufgegangen war und schmiss erst dann die Leinen los. Ich muss gestehen, dass mein Schlafrhythmus sich bereits deutlich verstellt hat und so war ich doch erstaunt, dass die Sonne inzwischen auch unter die Langschläfer gegangen ist – es ist eben schon Herbst. Und ich habe mir die Biskaya vorgenommen, einhand.
Wie bestellt, hörte es punktlich zum Auslaufen auf zu regnen und sogar die Sonne guckte zwischen den Wolken kurz hervor.
Vorm Hafen habe ich dann das Groß gesetzt und die Genua ausgerollt, hatte aber kaum genug Wind um voran zu kommen. Gerade waren die Segel oben, bemerkte ich, dass ich vergessen hatte das Pendelruder meiner Aries-Windsteueranlage abzuklappen. Kurz darauf hing ich angeleint hinterm Heckkorb und versuchte vergeblich dies nachzuholen. So einfach wie im Prospekt „schnell den Bootshaken zur Hand, das Pendelruder runter drücken und den Feststellbügel anziehen“ ist es beileibe nicht. Da musste ich an mein langes Telefonat mit Peter Förthmann, dem Hersteller des Alternativproduktes „Windpilot“ denken, genau diese Situation hat er mir beschrieben und er hatte Recht, sind die Segel erstmal oben, ist es für mich praktisch unmöglich das Ariespendelruder korrekt abzuklappen. Irgendwie habe ich es dann zumindest halbwegs hinbekommen und so gings unter Vollzeug und mit der Aries aus der Bucht von Brest heraus.
Die ruhigen Bedingungen nutzend, wollte ich mir dann erstmal ein ordentliches Frühstück bereiten, die Brötchen waren schon im Ofen, die Eier gequirlt und dann war das Gas alle. Naja, ärgerlich, dann muss ich eben die zweite Gasflasche anschliessen. Pustekuchen, auch die war leer. Na super, statt lukullischem Zeitvertreib und Gaumenfreuden, jetzt drei Tage Dosenbrot, Nüsse und Schokolade.
Exakt wie angekündigt, wehte es zunächst eher schwach aus Süd, kaum erreichte ich aber das freie Wasser, drehte der Wind auf NNE und frischte erheblich auf. Schnell erreichte die Windanzeige die 20kn Marke und Gioias Fußreling zog regelmäßig durchs Wasser. Also Genua wieder eingerollt und zunächst nur unter Groß weiter, die Gioia lief beständig um die acht Knoten, Wind und Welle nahmen weiter zu. Nur unter Groß stimmte zwar die Geschwindigkeit aber die Gioia fuhr einfach nicht ausgeglichen. Also raus aus dem Cockpit, angeleint und vorsorglich zwei Reffs ins Gross einbinden und die Fock gesetzt. Dabei stand ich dann schonmal bis zu den Schienenbeinen in grünem Wasser an Deck.
Deutlich ausbalancierter nahmen wir nun den Tanz mit den Biskayawellen auf, und die wurden, einhergehend mit dem zunehmenden Wind immer mächtiger.
Schon gegen Mittag wehte es mit beständig über 25kn, in Boeen auch gerne mal 30kn und selbst im Cockpit erreichte mich die eine oder andere Dusche.
Das war dann der Zeitpunkt, an dem sich zeigte, dass ich das Pendelruder der Aries nicht richtig zum einrasten gebracht hatte. Plötzlich machte es klack und das Ruder stand im 90°Winkel vom Spiegel ab. Zum Glück war ich gerade selbst hinterm Rad, so dass Gioia nicht aus dem Ruder gelaufen ist. Die Bemühungen das Ruder wieder zu fixieren waren bei diesen Bedingungen zwecklos und mir auch zu gefährlich, also plätscherte das Servoruder die nächsten 20 Stunden fast wie eine Gummiente hinter uns her.
Im Laufe des Nachmittags legte der Wind weiter zu und es wurde wirklich beeindrucken, fast schon angsteinflößend. Die Wellen türmten sich auf bestimmt fünf Meter auf, brachen im freien Wasser und der Wind riss die Gischt von den Kämmen. Zwei- oder dreimal brach so eine Welle dann auch ins Cockpit, der Wind heulte mit 30/35kn durch die Wanten, in Spitzen sogar mit 40kn.
Gut, dass ich den Niedergang schon vorher dicht gemacht hatte und in vollem Ölzeug, doppelt angeleint hinterm Ruder stand. Es brauchte seine Zeit bis ich dem elektrischen Autopiloten soweit vertraute, dass ich mich unter Deck trocken legen konnte.
Als wir dann gegen 23 Uhr die Kontinentalschelfkante erreichten und plötzlich 4500m Wasser unter dem Kiel hatten, entspannte sich die Lage umgehend. Die Wellen würden länger und brachen nicht mehr und der Wind ließ langsam auch weiter nach.
Abgesehen von zwei Störungen durch unseren Kurs kreuzende Dickschiffe (mit einem habe ich sogar kurz über UKW Verbindung aufgenommen) konnte ich auch die Nacht über im halbstunden Rhythmus schlafen, was erstaunlich gut funktionierte.


Mit dem aufziehenden Tag hatte der Wind sich dann auch ausgeblasen und im Morgengrauen wechselte ich von der Fock auf die Genua und schüttelte die beiden Reffs aus dem Groß.
Aber auch das reichte nicht lange, schon bald drückte die Dühnung jedes Profil aus den Segeln und selbst der Bullenstander konnte das Groß nicht bändigen.
Entgegen meiner grundsätzlichen Vorstellungen vom Langstreckensegeln brachte ich dann den Keilriehmenkiller zu Einsatz, schließlich wollte ich nicht mitten in der Biskaya auf das nächste Tiefdruckgebiet warten.
Man könnte meinen, mein Motor wäre kein Nanni Diesel sondern ein VW Käfer – denn er lief und lief und lief...
Den ganzen Freitag herrschte Totenflaute, so aufgewühlt und von Gischtstreifen durchzogen das Wasser gestern noch war, so glatt und friedlich lag es, abgesehen von der langsam rollenden Atlantikdühnung jetzt da.
Nicht nur das Wetter war ruhig, kein einziges Schiff ist mir am Freitag begegnet.
Zeitweilig schien die Sonne, zeitweilig war es leicht bewölkt. Ich habe lange im Cockpit gelesen, dann ein Schläfchen bei offener Luke im Vorschiff gemacht, ein Video angeschaut und mir sonstwie die Zeit vertrieben. Wie der Tag begonnen hat ging er auch zu Ende, ein laues Lüftchen von 1-2Bft aus östlichen Richtung erforderte rund um die Uhr die eiserne Genua, dafür erlaubte die Situation ein Schlafintervall von immerhin 60 Minuten.
Die Nacht brachte wieder einen klaren Sternenhimmel mit vielen Sternschnuppen – langsam gehen mir die Wünsche aus.
Auch der Samstag brachte keinen Wind, so dass der Motor mich bis nach La Coruna bringen musste. Abwechslung brachte nur das spanische Begrüßungskomitee in den frühen Morgenstunden, plötzlich brodelte das Wasser steuerbord voraus und dann waren sie wieder da, mindestens zwanzig Delphine umrundeten die Gioia, schwammen auf der Seite um mich besser sehen zu können, machten sich einen Spaß daraus mir ihren nassen Atem ins Gesicht zu blasen und drängelten sich in der Bugwelle.



Die hohe Küste Galiziens war schon aus bestimmt 50 Meilen Entfernung zu sehen, dadurch erschienen die letzten Stunden doch recht lang.
Erst kurz vor La Coruna gab es wieder Schiffsverkehr, ansonsten hätte ich auch die letzten 48h durchschlafen können. Macht man natürlich trotzdem nicht. Es ist schon komisch, in der Phase bevor ich wirklich einschlafe, sehe ich ganz realistisch riesige Schiffe an mir vorbeiziehen, haushohe Stahlrümpfe direkt vor der Gioia aufragen oder ganze Fischerflotten auf mich zuhalten.
Schon irre, was für Späße das Unterbewusstsein mit einem Einhandsegler treibt.



In La Coruna angekommen, zog es mich erstmal dringend unter die, hier in der Marina wirklich hervorragenden Duschen und anschließend gings es noch kurz in die Stadt, mal wieder was warmes essen. Beeindruckend wie brodelnd lebendig es hier zugeht. Menschenmassen auf den Straßen, lautes Stimmengewirr und hunderte Fußball spielende Kinder überall.
Selbstverständlich stehen hier Meeresfrüchte ganz oben auf den Speisekarten, auf allen Speisekarten, Tintenfisch, Muscheln und Garnelen wo man auch hin schaut.
Für mich gab es dann nur ein paar Tapas oder besser Raciones, die heiß begehrten Datteln im Speckmantel und Bohnen mit Speck konnte ich allerdings noch nicht ausfindig machen.
So wie es aussieht, werde ich wohl einige Tage hier bleiben und auf mal wieder auf passende Winde warten müssen. Anscheinend soll sich der Donnerstag bei mir zum Abreisetag entwickeln. Donnerstag ab Kiel, Donnerstag ab Cherbourg, Donnerstag ab Camaret und nun sieht es so aus als ob mir der SW Wind bis Donnerstag den Weg ums Kap Finisterre versperren würde.

Samstag, 29. Oktober 2011

Angekommen

Bin gut in La Coruna angekommen. Nach anfänglich sehr viel Wind wars Freitag und Samstag dann sehr wenig.
Jetzt duschen und was essen, später mehr an dieser Stelle.

Freitag, 28. Oktober 2011

Via Inmarsat:

Biskaya via satphone.gestern starkwind heute flaute.gioia&c
wohlauf.wunderschoen.eta la coruna sa abend.dank an t wg sms

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Sent via Inmarsat. The mobile satellite company

Mittwoch, 26. Oktober 2011

Der letzte Tag in Camaret sur Mer?


26.10.2011

Es ist zum Haareraufen mit den Wettervorhersagen, umso mehr Informationen man einholt, desto unsicherer wird man. Zur langen Liste der Internetvorhersagen kam heute auch noch ein heißer Draht zum DWD und das war dann auch wieder anders als die eh schon unterschiedlichen vorhandenen Aussichten.
Nachdem gerade ein britischer Stegnachbar mit seiner Swan ausgelaufen ist, kam ich kurz ins Grübeln, soll ich auch los? Ansich hätte es gepasst, hab heute schon gut gegessen, ausgiebig Mittagsschlaf gehalten, die Gioia ist startklar und der Wind weht leicht aus SO.
Aber nix überstürzen, lieber nochmal ausgiebig die Vorhersagen studieren, duschen, ein paar Emails schreiben, den Blog aktualisieren und dann morgen im Morgengrauen los.
So wie es jetzt aussieht habe ich dann für die ersten Stunden recht kräftige, raume Winde und werde mich auf der Schelfkante wohl etwas durchschütteln lassen, anschließend wird’s dann aber ruhiger bis sehr ruhig und so wird wohl auch mein Keilriemenkiller zum Einsatz kommen.
Bevor am Montag wieder kräftige Gegenwinde angekündigt sind, sollte ich dann schon lange einen sicheren Unterschlupf auf der iberischen Halbinsel gefunden haben.
Mein Minimalziel ist La Coruna, obwohl ich schon gerne das Kap Finisterre hinter mir lassen würde. Zwei Buchten hinterm Kap ist mir ein Hafen empfohlen worden, Porto Queixal.
Maximalziel wäre es Portugal zu erreichen, speziell Porto.
Aber so sehr es mich auch nach Lagos an der Algarve zieht, denn dort scheint nicht nur die Sonne, sondern dort liegt auch Freund Krischan mit seiner wachsenden Familie – gerade im Moment ist er dort wohl im Kreissaal, hält seiner Bine die Hand und wird Vater, nachdem ihnen vorgestern noch der VW-Bus geklaut wurde (immerhin waren die Schufte so nett und haben einen Rucksack mit Papieren, Kindersachen etc gepackt und im Hafen abgestellt).
So sehr es mich also gen Süden zieht, ich werde wohl sehr zufrieden sein wenn ich Queixal erreicht habe.
Jetzt geht’s schnell nochmal duschen, dann mache ich mir noch eine Bananenmilch, knacke ein paar französische Haselnüsse, trinke meinen Abendtee, schaue mir ein Video an und schon geht’s ab in die Koje.
Auf die nächsten acht Stunden Schlaf am Stück werde ich dann ein wenig warten müssen.
Mehr dann in einigen Tagen aus Spanien.

Dienstag, 25. Oktober 2011

Hausmeisterdasein

Schon jetzt merke ich, dass der Segelpabst i.R., Bobby Schenk, doch tatsächlich auch mal etwas Realistisches geschrieben hat. Irgendwo habe ich von ihm mal gelesen, dass man als Langzeitsegler hauptberuflicher Hausmeister auf dem eigenen Boot ist und nur an den Wochenenden bzw. im Urlaub wirklich segelt.
Heute habe ich mich lange mit der ausgerauschten Reffleine beschäftigen müssen, sie hat mich fast in den Wahnsinn getrieben. Erst nachdem ich den Baumkicker demontiert, die Baumnock auf den Steg gefiert, eine Taschenlampe auf eine Segellatte getaped und eine weitere Segellatte mit einem Drahthaken versehen hatte, habe ich das blöde Bändsel wieder durchgezogen bekommen. Gute vier Stunden hat mich das gekostet, kaum zu glauben. Anschließend bin ich noch kurz zur ersten Saling aufgeentert und habe die Steuerbord Flaggenleine wieder eingefädelt. Den Nachmittag habe ich dann den verstopften Backskistenlenzern gewidmet und so hoffentlich die Bilge nachhaltig trocken gelegt.
Weil die Backskiste gerade leer war, habe ich dann auch noch die neue LED Beleuchtuung und den neuen Feuerlöscher montiert. Zum Abschluss den Arbeitstags gabs dann noch einen zusätzlichen Kabelbinder für die Mastmanschette.
Zwischendurch natürlich immer mal wieder die Wetterseiten im www konsultiert, ich gebe ja gerne zu, dass mir die bevorstehende Biskayaquerung ein bisschen auf der Seele liegt.
Am Donnerstag besteht wohl eine gute Möglichkeit, allerdings hätte ich da Anfangs auch gute 30kn Wind aber immerhin von hinten, vermutlich würde ich mich zu dem Zeitpunkt aber noch über dem Kontinentalschelf befinden und genau den soll man ja bei viel Wind meiden. Schwierig, schwierig...
Irgendwie erinnert es mich momentan an den Dezember ´09 in Gibraltar, eine lange Seestrecke vor mir und täglich diverse Wetterberichte aus dem Netz, einer von den sieht immer irgendwo unangenehme Windstärken. Was waren das für einfach Zeiten als nur, wenn überhaupt, eine Vorhersage zur Verfügung stand.
Falls ich mich gegen einen Start am Donnerstag (oder vielleicht doch schon Mittwoch Abend) entscheide, hätte ich zumindest die Chance eine Menge interessanter Hochseeracer auf der Biskaya zu treffen. Am Sonntag startet in Le Havre wieder die Transat Jaques Vabre mit einem großen Teilnehmerfeld. Open 60, 50 Fuss Trimarane und die „kleinen“ Class 40 würden wohl ziemlich an mir vorbei fetzen (und wahrscheinlich den Schlaf rauben).
Hier der Link zur Veranstaltung:
http://www.transat-jacques-vabre.com/

Am Abend ging´s dann in die Pantry, Kartoffelsuppe mit extra viel Würstchen (mussten weg) und Obstsalat.
Das Wetter war heute deutlich schöner als gestern (Dauerregen), den Großteil des Tages war ich im T-Shirt an Deck zu Gange und erst gegen Abend zogen zwei oder drei Schauer durch.

Montag, 24. Oktober 2011

See(len)freude

Wenn ich meine letzten Posts nochmal lese, merke ich das ein ganz entscheidener Aspekt deutlich zu kurz kommt.
Es ist aber auch sehr schwierig zu beschreiben, was mir durch den Kopf geht, wenn ich Nachts im Cockpit liege und in den unglaublichen Sternenhimmel schaue und Sternschnuppen zähle oder welche Ruhe von den letzten Stunden eines Tages ausgehen wenn die Sonne langsam hinterm Horizont verschwindet und den Himmel in alle Rottöne taucht. Ebenso schon und emotional der langersehnte Sonnenaufgang, immer wieder der Blick nach Osten und auf die Uhr und dann, ganz plötzlich hellt sich der Himmel auf... Ein weiteres Beispiel, die Delphine die mich am Samstagmorgen begrüßten.
Es ist einfach toll zunächst nur dieses Prusten zu hören, dann der Blick ins dunkle Wasser und dann sind sie da, mehrere Dutzend der grau-weißen Außenbordsgesellen spielen lange und ausgiebig im Wellensystem der Gioia, immerwieder habe ich den Eindruck, dass sie mich direkt angucken und einschätzen.
In einem bin ich mir sicher, die Jungs kommen nicht nur aus tierischem Instinkt weil sie etwa die Strömungen am Rumpf zur Jagd nutzen wollen, da steckt mehr dahinter, sie suchen den Kontakt, sind neugierig und verspielt. Sie zu beobachten geht ganz, ganz tief...

Sonntag, 23. Oktober 2011

Richtung Bretagne


Zweite Etappe von Cherbourg über Guernsey nach Camaret/Brest, 21./ 22.10.2011
Nachdem Olli von Bord war habe ich mich erstmal neu eingerichtet, es sind ja nun die ersten Tage an denen ich in meinem neuen Zuhause alleine wohne. Also Sachen sortiert, umgestaut, abgewaschen (vor allem ein Teil meines Feinschmecker Proviants, der Einweckgläser waren leider schlecht geworden und stanken erbärmlich, vor allem Hack, Rindergeschnetzeltes und Hühnerbrust scheinen nicht wirklich zum Einkochen geeignet zu sein, die Ausfallquote lag bei fast 100%. Die restlichen Gläser mit Rindsrouladen, Gulasch, Suppen schmecken aber hervorragend – ein großes Dankeschön nochmal an Herrn Drews aus Hechthausen.
Aber nicht nur unter Deck gab es einiges zu tun, auch an Deck. So habe ich einige kleine Leckstellen an den Decksdurchführung der Stagen und Wanten neu abgedichtet, die Befestigung der Solarpanele optimiert und den Keilriemen getauscht. Mein Motor heißt ab jetzt Keilriemenkiller, deren starke Abnutzung ist aber auch kein Wunder, schließlich muss die Lichtmaschine mit Hochleistungsregler beim Laden der Batterien eine Menge leisten.
Am Donnerstag Abend habe ich dann noch letzte Wetterberichte eingeholt und ausgiebig den Reeds studiert, der Reeds ist die englische Seglerbibel, darin ist einfach alles zu finden, Hafenpläne, Strömungskarten, Tidenkalender.
Am Freitag mit dem allerersten Tageslicht gings dann auf meinen ersten Einhandtörn mit der Gioia.
Allerdings wehte es zunächst nicht wie angekündigt aus SO sondern aus SW, was mich etwas beunruhigte, lag mein Ziel doch in eben dieser Richtung.
Zunächst ging es aber Richtung WNW und so konnte ich die Gioia mit einem Schrick in den Schoten richtig laufen lassen. Vorbei an der Wiederaufbereitungsanlage La Hague ging es zum gleichnamigen Kap. Dort begann auch der Wind langsam zu drehen und so konnte ich die Kanalinsel Guernsey mit nur wenigen Kreuzschlägen erreichen. Gezeiten ansich sind ja für den gemeinen Ostseesegler schon etwas unheimliges, kommen dann aber noch geografische Besonderheiten dazu wird es ungemütlich. Die Wellen werden kürzer und höher, kommen aus allen Richtungen gleichzeitig und der Kompasskurs entfernt sich zusehends vom Kurs über Grund.
Im Nachhinein war es aber dennoch kein Problem die Gioia sicher an die Bunkerpier von St. Peters Port zu bringen. Mit 250 Litern frischem Diesel im Tank und sämtlichen Bargelds beraubt (irgendwie verstand sich die Kartenstation der Tankstelle nicht mit meinen Kreditkarten) ging es schon eine gute Stunde später wieder raus. Es ist schade, an so vielen schönen Ecken einfach vorbei zu fahren aber der drohende Herbst gebietet einfach jede Minute passenden Windes zu nutzen und so bleibt mir nur, mir fest vorzunehmen auf dem Rückweg hier mehr Zeit einzuplanen.


Die von der untergehenden Sonne herrlich beleuchtete Kanalinsel im Rücken ging es in die erste Nacht. Halbwinds unter Genua und vollem Groß rauschten wir mit 7-9 Knoten durch die Dunkelheit und ich machte mir erstmal was zu Essen: Rinderroularde mit Nudeln. Hervorragend.
Eine wichtige Regel beim Einhand-Langstreckensegeln lautet: Schlaf wenn du kannst!
So hatte ich es auch geplant. Radaralarm auf 10 Meilen eingestellt, den AIS Alarm aktiviert.
Dumm nur, dass von hinten der 20m Segler Blue Marlin aufkam und es wohl auf eine Regatta abgesehen hatte, zumindest kam er nicht nur (sehr) langsam näher sondern hielt auch noch genau auf mein Heck zu. Radar und AIS konnten ja nicht wissen, dass vermutlich nur sportlicher Ehrgeiz dahinter steckte und piepten munter drauf los. Somit erreichte ich die von mir im Wecker eingestellten 25 Minuten nicht ein einziges Mal. Stunden später zwang mich die Blue Marlin dann sogar dauerhaft ins Cockpit. Es war wohl die Neugierde die sie so dicht an mich heran geführt hatte, in nur 150m Entfernung passierte sie mich schliesslich ohne vorher auf meine Funksprüche reagiert zu haben (ich wollte ja nur hören, dass sie mich im Blick haben, um so beruhigt ein Nickerchen machen zu können). Kaum war die Regatta vorbei, da zog es auch schon die bretonischen Fischer aus ihren Häfen und wieder hatten AIS und Radar allen Grund zum tröten.
Kurz vor der Dämmerung folgte dann noch ein Funkplausch mit einer netten Dame der französischen Küstenwache, die nur mal hören wollte wer dort durch die Nacht rauschte.
Vorher hatte ich schon gehört, dass sie auch die Blue Marlin gerufen hatte, ebenso erfolglos wie ich zuvor. Apropos Küstenwache. Die nehmen ihre Aufgabe hier sehr genau, schon in Cherbourg hatte ich ein kleines, freundliches Rollkommando an Bord. Waffen, Drogen, Tiere, Ausgangshafen, Zielhafen, Personen an Bord? Klar, die Dokumente wollten ausgefüllt werden aber vielmehr interessierte sie das Boot und meine Reise. Ich frag mich nur wo all diese gesammelten Daten bleiben und ob jemals wieder jemand einen Blick darauf werfen wird.
Im Morgengrauen näherte ich mich dann auch langsam der NW Spitze der Bretagne und der Ile Quessant (oder Ushant, wie die Engländer sagen) und wurde auch gleich von einer großen Horde Delphinen begrüßt, die munter in der Bugwelle der Gioia umherschossen. Aber wie so häufig sollte das letzte Stück eines Törns das härteste werden. Die Passage zwischen Quessant und dem Festland ist mit Felsen gespickt, das Kap lässt den Wind stärker werden, die Tide lässt das Wasser nur so kochen, eine Stunde lang konnte ich die Gioia nur mit Schwerstarbeit am Ruder auf Kurs halten.


Und kaum lag die Passage hinter mir, zeigte die Biskaya ihre Krallen.
Die kräftigen SO Winde zwangen mich hart an den Wind, ansich hätte ich auf die Fock wechseln müssen aber für die 10 Meilen bis ich in die Bucht von Brest abbiegen konnte fehlte mir dafür der Antrieb. So versuchte ich es zunächst mit leicht gereffter Genua aber die recht ordentlichen Wellen schlugen immer wieder ins Unterliek. Also nahm ich die Segel ganz weg und motorte bis zur Wendemarke. Dort rollte ich die Genua wieder aus und segelte die letzten 15 Meilen bis Camaret in der Bucht von Brest im Ostseerentnerstil.
Das Anlegemanöver lief leider nur suboptimal, der Weg zum angepeilten Liegeplatz wurde mir von einem auslaufenden Segelboot versperrt, so musste ich an den nächsten, noch engeren Steg ausweichen und dort drehen. Der starke Schraubeneffekt gestaltet solche Manöver mit der Gioia auf engen Raum recht kompliziert und der inzwischen mit sicherlich sechs Beaufort wehende Seitenwind tat noch das seinige dazu.
Elegant war dieser Anleger sicherlich nicht aber letztlich zählt ja das Ergebnis, ich liege ohne Schäden am Steg, werde jetzt zwar, anders als ursprünglich geplant vom Wind auf den Steg gedrückt aber dafür gibt es ja Fender. Übung macht ja bekanntlich Meister..
Hier in Camaret werde ich nun wohl einige Tage auf passende Winde für meine Biskayaquerung warten müssen, wie es scheint ist es nicht der schlechteste Ort dafür.
Der Reeds (Seglerbibel) war in der Beschreibung der Sanitäranlagen nicht ganz eindeutig, dort stand: Underground! Zum Glück war damit nicht der Zustand sondern tatsächlich die Lage gemeint, die Duschen befinden sich unterhalb eines historischen Gemäuers.
Auch nach elf Stunden Tiefschlaf war ich heute früh noch ganz schön gerädert, langsam erhole ich mich und werde gleich mal einen Gang in den Ort machen.