Freitag, 4. Mai 2012

Törnplanung light – Tipps vom Greenhorn

Auf besonderen Wunsch aus Kiel, hier noch ein paar Anmerkungen zur jahreszeitlichen Törnplanung. Seitdem ich die Leinen in Cuxhaven losgeworfen habe, hetze ich ja ein wenig der klassischen Törnplanung hinterher, denn normalerweise wird überall empfohlen deutlich früher im Jahr, also nicht erst Ende September, die nordeuropäischen Gewässer zu verlassen und sich in den Sommermonaten entlang der europäischen Küste gen Süden zu hangeln. Das macht auch sicherlich Sinn, denn ich habe es doch bedauert z.B. die wunderschöne Bretagne mehr oder minder links liegen gelassen zu haben. Wenn man dann nicht zu sehr bummelt, verläßt man im September den Heimatkontinent und steuert nach einem Stopp auf der Blumeninsel Madeira die Kanaren an. Dort angekommen hat man dann genug Zeit sich die sechs Inseln anzuschauen, besonders möchte ich dabei die westlichen Inseln empfehlen. Im Laufe des Dezembers geht es dann weiter, je früher man startet umso ratsamer ist es einen Abstecher zu den kapverdischen Inseln einzuplanen und man sollte sich nicht vom frühen Start der Veranstaltung für betreutes Segeln ARC Anfang Dezember täuschen lassen, denn die beste Zeit für eine Atlantikpassage beginnt mit dem Jahreswechsel. Die Gründe des frühen ARC Starts liegen eher darin begründet, dass die meisten Teilnehmer es begrüßen zum Weihnachtsfest wieder zu Hause zu sein. Will man halbwegs genug Zeit zum erkunden der Karibik haben sollte man die Atlantikpassage gleich zu Beginn des Jahres angehen, denn man tut gut daran, zumindest die nördlichen Teile der Karibik im Mai zu verlassen. Denn ab Anfang Juni drohen schwere Stürme, deren Ursprung im intensiven Sonnenschein auf dem Atlantik vor Westafrika begründet liegt. Auf vielen Inseln der Windwards gibt es halbwegs sichere Buchten, sogenannte Hurricaneholes, in denen man die Boote mit einem Spinnennetz aus Leinen an den am Ufer wachsenden Mangrovenbäumen vertäut. Allerdings sind diese sicheren Plätze begehrt und man sollte sich rechtzeitig um einen Platz kümmern, sonst kann es passieren, dass sich ein Sturm ankündigt und einem nur die Flucht nach Süden bleibt, weil die sicheren Plätze bereits belegt sind. Ein Teil der Segler begiebt sich daher im April oder Mai auf den Rückweg und steuert über die Azoren wieder Europa an. Andere verdrücken sich nach Süden, z.B. nach Tobago, die Südamerikanische Nordküste (wobei man sehr viel schlechtes über Venezuela hört, Piraterie, Korruption, viel Dreck und Müll – wahrscheinlich ist man zumindest momentan gut beraten dieses ansich wohl wunderschöne Land auszulassen) oder die ABC Inseln. Steht der Pazifik auf dem Plan kommt schon das nächste tropische Sturmsystem, die pazifischen Cyclone ins Spiel. Denn auf dem Weg nach Polynesien überquert man den Äquator und auf der Südhalbkugel gehen die Uhren bekanntlich anders (ob das Wasser tatsächlich andersherum in den Abfluss des Waschbeckens strudelt und vor allem was genau auf dem Äquator passiert werde ich dann berichten). Die tropischen Stürme der Südhalbkugel drohen im dortigen Sommer, also ungefähr in der Zeit von November bis März. Will man also die südpazifische Inselwelt ausgiebig besegeln tut man gut daran im März oder April den Panamakanal zu durchqueren und sich wiederum auf den Weg nach Westen zu machen. Nach einigen Monaten im Paradies muß man sich dann rechtzeitig vor der Cyclonsaison entscheiden. Wird die Zeit oder das Budget in Polynesien knapp, kann man auch dem logischen Weg von Bernard Moitessier folgen, im letzten Blogbeitrag habe ich ja schon davon berichtet. Entscheidet man sich also für eine schnelle Heimkehr nach Europa (bei Moitessier war es die Sehnsucht nach den Kindern daheim), biegt man quasi in der Südsee links ab und steuert den Bereich der stetigen Westwinde ganz im Süden unseres Planeten an. Um dann das Kap Horn bei halbwegs passablen Bedingungen passieren zu können tut man gut daran, den Start so zu legen, dass man die Südspitze Feuerlands im südlichen Hochsommer (Dezember/Januar) umsegelt. Anschliessend braucht man nur noch im weiten Bogen bis kurz vor Afrika und dann nach Norden zu steuern. Wahlweise bieten sich dann Brasilien, die Karibik, die Kapverden oder auch die Kanaren als Zwischenstopps auf dem Weg nach Europa an. Plant man die Circumnavigation zu vollenden steuert man z.B. Neuseeland oder Australien an. Viele legen dort eine Weihnachtspause ein, fliegen nach Hause oder bereisen diese tollen Länder für einige Monate mit einem Wohnmobil. Anschliessend geht’s dann um Nordaustralien herum in den Indischen Ozean. Dort wählen dann viele Segler die südliche Route über Mauritius nach Südafrika. Die nördliche und sicherlich interessantere Route über Thailand und Indien zur Arabischen Halbinsel ist leider seit einigen Jahren aufgrund der misslichen Situation in Somalia und der daraus resultierenden Piratengefahr ansich nicht mehr praktikabel. Ein gutes, wenn auch etwas unübersichtliches Nachschlagewerk zu diesem Thema ist „Segelrouten der Welt“ von Jimmy Cornell.